Traumzeit aus dem Computer

■ Harald Finkes Kommunikationsinstallationen mit den Naturreichen auf Kampnagel

Eier, die eine Digitaluhr treiben, Getreide, das redet und drei VW-Käfer völlig gefüllt mit Hafer: Der Hamburger Künstler Harald Finke vermag schon zu verblüffen. Dabei ist Sensation keineswegs die Absicht seiner Kunst. Seit 20 Jahren ist er konsequent am Dialog mit der Natur interessiert. Am Anfang standen Dialogzeichnungen, große, zum Diagramm einer Beziehung geronnene Graphiken, die in Gemeinschaftsarbeit mit einem Partner entstanden.

Die so gewonnene Sensibilität für nichtsprachlichen Ausdruck übertrug Harald Finke dann in immer neuen Variationen auf einen Dialog mit der Natur. „Da der Mensch nicht nur Mensch ist, sondern auch Tier, Mineral und Pflanze, muß er lernen, mit diesen unterschiedlichen Teilen umzugehen“, sagt der Künstler, der wie einst der heilige Franzikus von Assisi den Bäumen Gedichte vorliest und den Vögeln Bilder von Hieronymus Bosch zeigt. Dabei bewahrt die künstlerische Ernsthaftigkeit die Aktionen und Objekte davor, esoterischer Öko-Kitsch zu werden. Auch sind die Kommunikationsinszenierungen mit den Naturreichen mehr als nur formalistische Demonstration und schon gar nicht wissenschaftliche Versuchsanordnung, als die sie oft mißverstanden werden. Die Meßfühler in der Gerste können auch computerunterstützt genauso wenig eine Sprache der Pflanzen übersetzen, wie der Kritiker über eine Maschine verfügt, die ihm die Qualität von Kunst zuflüstert.

So sind in Harald Finkes Installation die Worte und Beschwörungsformeln der australischen Aborigines vorsätzliche Sampler aus dem Computer, allein ihre Reihenfolge wird durch den unterschiedlichen elektrischen Widerstand der Materialproben verändert.

Die Traumzeit der Australier, die ältesten Mythen der Mittelmeerländer und die Hoffnung auf eine zukünftige sanfte Technik sind die Inspirationsquellen des Künstlers. Seine selbstfinanzierte Ausstellung auf Kampnagel erlaubt an den Objekten keine Veränderungen wie im Naturraum, wenn Tiere mandala-förmige Saatfelder benutzend mitgestalten. In einer Fabrikhalle dominiert der demonstrative Charakter und die scheinbare Versuchsanordnung. Ruf doch mal an: Für Kontaktversuche mit dem Pflanzenreich steht hier eine „Getreidekabine“ wie eine Telefonzelle. Für die mythische Technik, die Kraft der Pflanzen anzuzapfen, stehen die sowohl Booten wie auch Zelten analogen Formen der „Mondsaattechnik“.

Weiter spannt sich der Bogen über die von oben betrachtet ebenfalls mandala-förmigen VW-Käfer der „harten“ technischen Gegenwart zum Zukunftssymbol der „Tantra“-Plastik mit Fahrrad. Harald Finke nennt seine Objekte „Subdialog-Skulptur“, das heißt, er ist nicht so naiv, die Möglichkeit des Dialoges mit der Natur schon als gegeben anzusehen. Aber einen künstlerisch-einfühlsamen Versuch zu machen, ist immerhin eine notwendige Aufgabe.

Hajo Schiff

K 3 Kampnagel, bis 13.Februar, 220-seitiges Katalogbuch in der Ausstellung 45 Mark, im Buchhandel 68 Mark und mit Orginalarbeit als persönlicher Aktie des Künstlers 180 Mark