Kurde wartet auf Abschiebung in den Tod

■ Staatsanwalt verläßt sich auf fragwürdige Versprechen türkischer Behörden / Straftat nicht erkennbar / Ermittlung „miserabel und verfälschend“

Der Kurde Mahmut Özpolat wartet in Moabit auf seine Auslieferung an die Türkei und damit auf seinen sicheren Tod. Das befürchtet Ronald Ofteringer von medico international. Der 58jährige Mahmut mußte 1981 vor der Militärdiktatur fliehen, weil er einer verbotenen Gewerkschaft angehört. Jetzt werfen ihm die türkischen Ermittlungsbehörden „Anstiftung zum Mord“ vor und bitten um seine Auslieferung. Diese Tat soll er noch vor seiner Flucht begangen haben.

In der Türkei steht auf dieses Vergehen die Todesstrafe. Doch hat die türkische Regierung ein Amnestiegesetz erlassen, in dem alle vor 1991 begangenen Straftaten ausschließlich mit Gefängnis bestraft werden. „Es gibt Fälle“, so Ofteringer, „wo diese Regelung nicht angewendet wurde.“ Das Parlament bestätigte Todesurteile.

Die Entscheidungsgrundlage für den Auslieferungsantrag ist dünn. Nach Angaben von Özpolats Anwalt Olaf Franke war die Übersetzung der türkischen Ermittlungsunterlagen „miserabel und verfälschend“. Zweimal habe die Staatsanwaltschaft die türkischen Behörden um korrekte Übersetzung gebeten. Doch blieb die Qualität schlecht. Es sei nicht zu erkennen, welche Tat dem Kurden vorgeworfen werde.

In dem Auslieferungsantrag äußert der verantwortliche Staatsanwalt Eger Zweifel, „ob der Verfolgte in der Türkei aus politischen Gründen verfolgt worden ist“. Da der Asylantrag von Özpolat abgelehnt wurde, sei er kein politischer Flüchtling und könne somit ausgeliefert werden. „Nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist er ein politisch Verfolgter“, sagt Elizabeth Reese von der Asylberatung der Berliner Heilig-Kreuz-Gemeinde. Seit 1988 besitze Özpolat einen Flüchtlingspaß der Vereinten Nationen. Der Kurde sei auch in Deutschland politisch aktiv gewesen, so Reese. Sie befürchtet, daß Özpolat in der Türkei gefoltert wird. „Das würde der lungenkranke Mann nicht überleben.“

Die Staatsanwaltschaft hingegen sieht keine Gefahr für Özpolats Leben in der Türkei. Denn, so der Wortlaut des Auslieferungsantrages: „Die türkischen Behörden haben die Einhaltung der Menschenrechte ausdrücklich zugesichert.“ Ofteringer hat jedoch Fakten, die der Einschätzung der Staatsanwaltschaft widersprechen. So habe es in jüngster Zeit einige Todesfälle in der Polizeihaft gegeben, und auch während der Ermittlungsverfahren seien Menschen schwer mißhandelt worden. Ein politisch aktiver Kurde wie Özpolat werde auf jeden Fall gefoltert.

Franke wirft den deutschen Behörden vor, den Fall oberflächlich zu behandeln und sich nur auf die fragwürdigen Zusicherungen aus der Türkei zu verlassen. Der Fall sei noch nicht ausgestanden und käme erneut vor das Kammergericht. Olaf Bünger