Gala noch nicht vorbei

■ Gruner + Jahr bereitet zweite Nullnummer des Society-Blattes vor

Das Gruner + Jahr-Tratschblatt Gala wird nun vorerst doch nicht eingestellt. Statt dessen entwickeln die Bertelsmänner einen zweiten Dummy ihrer Gegen-Bunten. Der erste hatte sich als wahre Nullnummer erwiesen und für den Abgang der kurz zuvor angeheuerten Chefredakteurin Beate Wedekind gesorgt. Nun geht man in Hamburg auf Nummer Sicher: Klaus Freikamp, Chefredakteur der biederen Frau im Spiegel (ebenfalls Bertelsmann), leitet kommissarisch das Society-Projekt.

Der Start von Gala war ursprünglich für den 3. Februar prognostiziert worden. Doch drei Wochen zuvor hatte Wedekind „mit sofortiger Wirkung“ um ihren Abschied gebeten – „aus gesundheitlichen Gründen“ und nach nur drei Monaten Dienstzeit. Ein abruptes Ende mit seltsamen Parallelen: Vergangenes Jahr erst war's, da erfocht sich die „begabte Klatschreporterin“ (Spiegel) den Posten des wegen seiner Arbeitsorgien berüchtigten Bunte-Chefantreibers Franz-Josef Wagner. Dann aber endete der Workoholic-Wettbewerb für Wedekind im unerwarteten Krankenstand. Die Genesungszeit nutzte die Rekonvaleszentin zum Warmlaufen für einen neuen Verdrängungswettbewerb, diesmal durch die Vorstandsräumlichkeiten bei Gruner + Jahr.

Dort hatte man ein Anfang der achtziger Jahre gefloptes Klatsch- Konzept namens Leute ausgegraben und binnen kurzer Zeit ein halbes Dutzend Chefredakteure verschlissen. Deshalb hielten die G + J-Vorstandsherren der arbeitslosen „Yellow-Press-Prinzessin“ (Wagner über Wedekind) so lange die Hand, bis sie den Burda- Brüdern eine dicke Abfindung abgezockt hatte und in Hamburg als Chefin von „Leute“ (beim G + J- Klatschableger Ehrlich und Sohn) zur Verfügung stand.

Der Leute-Posten war zwar gerade drei Wochen zuvor mal wieder neu besetzt worden. Doch was soll's: Daß Wedekind die Kavaliere vom Hafenrand erhörte, war doppelt von Nutzen. Sie konnten nun nämlich ihren frisch vom Pay-TV premiere weggekauften, neuen Leute-Chef, Jan Kromschröder (31), auf der Stelle wieder feuern. Er wurde nicht von allen Vorstandsherren gleich gern gesehen.

Kromschröders Malus: Er hört auf den gleichen Namen wie sein Vater Gerhard, zuletzt Nahost- Korrespondent des Stern mit Sitz in Kairo. Den aber hatte Stern- Chefredakteur Rolf Schmidt- Holtz, der auch Gruner + Jahr- Vorstand ist, gewaltsam aus dem verblassenden Bilderblatt gekippt, wegen der unrühmlichen Umstände dabei aber sein Gesicht verloren. Eine unverzeihliche Blessur, zwecks deren Linderung Kromschröder, Jan, ebenfalls aus dem Stern entfernt worden war. Einen Kromschröder nun ausgerechnet in der Runde der G + J-Chefredakteure begrüßen zu müssen, konnte Schmidt-Holtz kaum konvenieren.

Headlines von atemberaubender Langeweile

Power-Frau Wedekind scheuchte die Leute-Leute und krempelte das Patchwork dank artiger Handreichungen eines adligen Autoren- Gefolges in sieben Wochen zu Gala um, nach dem Vorbild der in Frankreich erfolgreichen G + J- Gazette gleichen Namens.

Schon kurz vor Weihnachten war Probe-Gala für einen „handverlesenen Kreis“ von Medienmenschen. Die Folge: Totalverrisse. „Die Headlines größtenteils von atemberaubender Langeweile, die Texte pflegebedürftig“, meinte der Kress-Report. Und die Woche ließ höhnen: „Layout? Welches Layout?“ Den Erscheinungstermin für die zweite Probenummer behält man bei G + J vorsichtshalber noch für sich. Ulla Küspert