„Klar rassistisch und aggressiv russophil“

■ Serbien-Besuch Schirinowskis ohne Großdemonstration in Belgrad beendet

Belgrad (taz) – Begeisterung hat der als „private Reise“ deklarierte Besuch Wladimir Schirinowskis in der serbischen Hauptstadt Belgrad nur bei den slawisch- orthodoxen Fundamentalisten ausgelöst. Was Wunder, hatte doch mit „Serbisch-Russischer Freundschaftsgesellschaft“ und der „Allserbischen Demokratischen Partei“ exakt dieses Spektrum den rechtsextremistischen Populisten eingeladen. Das offizielle Belgrad war dagegen offenbar bemüht, nicht in allzu enge Verbindung mit dem Vorsitzenden der russischen Liberaldemokratischen Partei gebracht zu werden. Bis zu seiner Abreise in der Nacht auf Donnerstag war es Schirinowski denn auch nicht gelungen, einen Termin beim serbischen Präsidenten Slobodan Milošević zu bekommen – obwohl der Besuch aus Moskau bei jeder seiner zahlreichen Pressekonferenzen Interesse an einem derartigen „Gespräch“ betont hatte.

Bezeichnenderweise durfte das Wundertier aber trotz des offiziellen Boykotts in allen „serbischen Ländern“ große Reden schwingen, und nicht nur Karadžić und der Führer der Serbisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft kamen, um dem großen Bruder die Hand zu schütteln. Auch der Generalsekretär der in Montenegro regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten, der Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche und der Vorsitzende der Serbischen Partei der Einheit, Željko Raznjatović alias „Arkan“ waren unter den Gesprächspartnern des Russen. Besonders im Falle Arkans, bekanntermaßen Miloševićs Mann fürs Grobe, ist eine Begegnung ohne die Billigung des serbischen Präsidenten nur schwer vorstellbar.

Die oppositionelle Szene Belgrads reagierte dagegen unwillig: Mirjana Mićinović vom pazifistischen „Belgrader Kreis“ kritisierte die Vorstellungen Schirinowskis als „klar rassistisch und agressiv russophil“. Der ganze Besuch sei ein Skandal. Daß die Fans des Rechtspopulisten unter den Belgradern ein eher trauriges Häuflein bilden würden, ist wohl auch seinen russischen Tourneeplanern nicht verborgen geblieben: Die ursprünglich für gestern angekündigte Großdemonstration wurde vor der Abreise Schirinowskis am Mittwoch ohne Angabe von Gründen abgesagt. Karen Thürnau