Ägyptische Islamisten: Ausländer raus!

Nachdem die Polizei sieben Anhänger der Gamaat Islamiya erschossen hat, fordern die Islamisten ausländische Touristen und Investoren auf, das Land sofort zu verlassen  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Die Auseinandersetzungen zwische der ägyptischen Regierung und militanten Islamisten erreichten in den letzten zwei Tagen einen neuen Höhepunkt. In einem Schreiben an die Nachrichtenagentur AFP forderte die Islamisten-Gruppe Gamaat Islamiya am Mittwoch „alle Touristen und ausländischen Investoren auf, das Land zu verlassen“, weil „bevorstehende Operationen äußerst gewaltsam verlaufen“ würden. Vorausgegangen war am Dienstag eine mehrstündige Polizeioperation in Zawiya Al-Hamra, einem der nördlichen Vororte Kairos, bei der sieben Mitglieder der Gruppe erschossen worden waren.

Getötete „gefährliche Elemente“

Innenminister Hassan Al-Alfi bezeichnete die Getöteten als „gefährliche Elemente“, deren Erschießung eine große terroristische Aktion verhindert habe. Drei von ihnen wurden inzwischen identifiziert. Die zwischen 17 und 23 Jahre alten Männer stammen aus der oberägyptischen Provinz Assiut, einer der Hochburgen der militanten Islamisten. Die Polizei wirft ihnen vor, für mindestens 30 Terrorakte verantwortlich gewesen zu sein. So sollen sie an der Ermordung einer britischen Touristin, der Erschießung eines Polizeioffiziers, einem Angriff auf ein Kino und der Attacke auf einen Touristenbus beteiligt gewesen sein.

Lange Listen beschlagnahmter Waffen

Nach Angaben der Polizei kamen alle sieben während einer dreistündigen Schießerei ums Leben. Die ägyptischen Zeitungen veröffentlichten gestern Fotos und lange Listen von angeblich in ihrem Unterschlupf beschlagnahmten Waffen. Die Drohungen gegen Ausländer wurden jedoch in den ägyptischen Medien mit keinem Wort erwähnt.

Die Gamaat behauptet in ihrer Erklärung, ihre Mitglieder seien exekutiert worden. Als angeblicher Beweis wird angeführt, daß es auf Seiten der Polizei kein einziges Opfer gegeben habe.

Laut einem Bericht der ägyptischen Menschenrechtsvereinigung wurden im vergangenen Jahr mindestens 207 Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und militanten Islamisten getötet – mehr als in den drei vorangegangenen Jahren zusammen. Für das Gros der Morde sollen Islamisten verantwortlich sein: Sie erschossen 90 Polizisten, sechs Kopten und zwei Touristen. Darüber hinaus seien 39 Unbeteiligte bei Anschlägen getötet worden. 59 Islamisten starben durch Polizeikugeln oder bei Selbstmordaktionen. Die Polizei soll zudem für den Tod von elf Unbeteiligten verantwortlich sein. Die militanten Gruppen verwendeten auch mit Zeitzündern ausgestattete Paket- und Autobomben, heißt es in dem Bericht. Im vergangenen Jahr seien im ganzen Land zwölf größere Bomben detoniert.

Neben der Gamaat war vor allem die Dschihaad-Gruppe aktiv. Sie konzentrierte sich auf Attentate gegen Politiker. Der Innen-, der Informationsminister und zuletzt der Ministerpräsident entgingen nur knapp Mordanschlägen.

Nach den neuesten Vorfällen schlug Innenminister al-Alfi selbstbewußte Töne an. „Wir setzen unsere Kampagne fort, Tag und Nacht ihre Verstecke anzugreifen, bis kein einziger Terrorist in dieser Republik mehr übrig ist“, erklärte er vor der Presse.

In ihrer Erklärung spielen die ägyptischen Islamisten auf die Situation in Algerien an, wo in den letzten Wochen zwanzig Ausländer ermordet wurden. Der Vergleich hinkt jedoch. Zwar gelten am Nil seit Jahren zahlreiche Notstandsgesetze, das Land befindet sich jedoch nicht in einer bürgerkriegsähnlichen Situation. Vor wenigen Wochen wies Präsident Husni Mubarak die regierende Nationalpartei an, einen „nationalen Dialog“ unter Teilnahme aller legalen Oppositionsparteien, Gewerkschaften und prominenten Akademiker zu organisieren. Ausgeschlossen sind dagegen alle Islamisten einschließlich der moderaten Muslimbruderschaft – die wichtigste Opposition.