Pfiffe gegen „Räuber der Neuzeit“

In der Nutztierhalle Koblenz demonstrierten 2.000 IG-Metaller lautstark mit Trillerpfeifen gegen die starre Haltung der Arbeitgeber  ■ Von K.-P. Klingelschmitt

Koblenz (taz) – Ausgerechnet die Auktions- und Nutzviehhalle am Schlachthof Koblenz wurde zum Schauplatz der Protestveranstaltung warnstreikender Metaller.

IG Metall-Bezirksvorsitzender Kronawitter (MdL/SPD/Hessen) und 2.000 Gewerkschaftler aus rund hundert Betrieben der Region Koblenz, Niewied, Bad Kreuznach und Betzdorf besetzten die Ränge der Arena, in der normalerweise preisgekrönte Bullen ihre Runden drehen, um den Arbeitgebern die Stirn zu bieten, die sich zur Zeit ohnehin „wie Opferlämmer“ zur Schlachtbank geführt fühlen. Gegen 14 Uhr begann das ohrenbetäubende Spektakel: Die Metaller machten ihrere Wut Luft, durch 2.000 knallrote Trillerpfeifer der IG Metall. „Bis nach Bonn zu den PolitikerInnen und nach Köln zum Arbeitgeberverband Gesamtmetall“ (Kriegsgewinnler) soll das schrille Preifkonzert dringen, meinte ein schnauzbärtiger Metaller aus dem Hundsrück, der zusammen mit knapp hundert Kolleginnen und Kollegen mit dem Bus nach Koblenz gekommen war.

Eiskalt war es in der Viehhalle. und so wurden die vielen roten IG- Metall-Fähnchen um so heftiger geschwenkt. Die ArbeiterInnen, die ihre vollen Thermoskannen vom Malochen gleich mitgenommen hatten, waren eindeutig im Vorteil. Zusammengebracht zum „demonstrativen Widerstand“ hat sie alle die erseite in böse Spiel gebracht worden sei: Die angekündigten realen Lohnkürzungen, die Streichung von Urlaub und Urlaubsgeld und der sich schon nicht mehr nur schleichend vollziehende Abbau auch anderer über- und außertariflicher Leistungen

„Aktion statt Resignation“ war dann auch das von der IG Metall ausgegebenen Motto. Die Stimmung war entsprechend. Auch wenn bei vielen die Wut im Bauch noch immer einen Titanenkampf gegen die lähmende Angst vor dem Arbeitsplatzverlust führe, wie das ein kurz vor der Pensionierung stehender Betriebsschlosser ausdrückte: „Das ist doch das Gemeine, daß die Unternehmer versuchen, uns mit dem Verweis auf die Wirtschaftskrise die Daumenschrauben anzulegen.“

Vor allem die jungen KollegInnen hätten Angst davor, plötzlich auf der Straße zu stehen. Doch den „Generalangriff“ der Arbeitgeberseite auf unsere erkämpften Rechte“, den wollten auch die Jungen nicht widerstandslos über sich ergehen lassen.

„Haltet stets zusammen, auch wenn der Wind scharf weht.“ Die jungen Musiker in der Auktionshalle machten den jungen Metallern auf den Rängen Mut, und die eher braven Werktätigen aus den über das Bundesland verteilten Metallbetrieben im Hundsrück, im Rheintal und in der Eiffel, liesen sich von der Botschaft der Solidaritätslieder anstecken. Entsprechend (klassen)-kämpferisch zog der Hauptredner Kronawitter vom hohen Platz des Auktionators aus vom Leder: „Räuber der Neuzeit“ seien die Arbeitgeber. Und deshalb müssen die ArbeiterInnen gegen die gesamte „ehrenwerte Gesellschaft“ von BDI, BDA und Gesamtmetall „kämpfen wie in früheren Zeiten“.

Da trillerten die Trillerpfeifen los und der frenetische Beifall der 2.000 Metaller lies die Auktionshalle wackeln. Die „Tarifkiller“ hätten sich warm anzuziehen, meine danach auch IG-Metall- Verwaltungschef Rainer Gröbel aus Koblenz, denn: „jetzt geht' s erst richtig los.“

Los ging‘s danach mit der Demonstration zum Sitz der rheinland-pfälzischen Metallarbeitgeber in Koblenz. Wieder schrillten die Trillerpfeifen, die Fahnen wurden geschwenkt und die roten Luftballons tanzten prall in der feuchten Luft am Deutschen Eck los.

Nicht nur in Koblenz wurde protestiert: Insgesamt beteiligen sich bundesweit mehr als 176.000 Beschäftigte aus 590 Betrieben am Donnerstag an Warnstreiks. Bereits am Mittwoch hatten sich im ganzen Land 100.000 Metaller an den Aktionen der IG Metall beteiligt. Die Warnstreiks hatten nach dem Ende der Friedenspflicht Ende voriger Woche begonnen, weil die Tarifverhandlungen für die rund 3,6 Millionen Beschäftigten der westdeutschen Metallindustrie ohne Ergebnis geblieben waren. Und der Arbeitskampf geht weiter: Heute wollen die Metaller ihren Protest nach Saarbrücken tragen – ins Bürgerhaus Burbach.