Internationales Interesse an den Plattenbauten

■ Baufachmesse "bautec '94" mit zahlreichen Veranstaltungen zur Sanierung der Ex-Ostblock-Hochhäuser

Von Christian Arns

Nahezu 500.000 neue Wohnungen in diesem Jahr, diese optimistische Prognose wagte jetzt Horst Franke, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Über 430 Milliarden Mark seien im vergangenen Jahr alleine in den Bau investiert worden, das ist mehr als das Zehnfache des gesamten Berliner Landeshaushalts. Obwohl die Wohnungsnot sie deutlich genug zeigt, versuchte Franke so die politische und wirtschaftliche Bedeutung der Baubranche für die Bundesrepublik zu unterstreichen.

Die Internationale Baufachmesse „bautec '94“, die am Mittwoch, 9. Februar, auf dem Berliner Messegelände von Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer eröffnet wird, soll dieser Bedeutung Rechnung tragen. 1.158 Aussteller aus 24 Ländern haben sich angemeldet, die bisherigen Hallen reichten dafür bei weitem nicht aus. So wird ein Teilabschnitt einer noch unfertigen Halle bereits mitgenutzt. Die Ausstellungsfläche beträgt damit nach Angaben der Messe Berlin über 100.000 Quadratmeter, das sind rund zwanzig Fußballfelder. Und wie in der Bundesliga gehen zahlreiche Akteure aus dem Ausland mit an den Start: Rund ein Viertel der Aussteller sind ausländische Unternehmen, ihre Zahl hat sich seit der letzten bautec vor zwei Jahren verdoppelt. Mit 51 Ausstellern liegt Italien dabei vorne, gefolgt von Belgien, Dänemark und Großbritannien.

„Die Messe hat ihre vorrangige Begrenzung auf die Region gegen eine entscheidende Bedeutung vor allem für den ostdeutschen und osteuropäischen Markt eingetauscht“, erklärte Reinhard Bank, für die bautec zuständiger Pressesprecher der Messe, gegenüber der taz. Dazu zähle entscheidend auch der Bereich der Plattenbau-Sanierung. Siehe untenstehender Bericht.

Für die 2,5 Millionen im Baugewerbe Beschäftigten sagte Verbands-Chef Franke „eine deutliche Delle in den nächsten drei Jahren“ voraus; die zeitliche Nähe seiner Prognose zu den anstehenden Tarifverhandlungen gestand er jedoch zu. Verursacht werde der Konjunkturknick durch den Rückgang öffentlicher Bauinvestitionen wegen der „angespannten Haushaltslage bei allen Gebietskörperschaften“. Auch die Investitionen im Wirtschaftsbau gingen nach seinen Angaben zurück.

Sein Trost für die Bauwirtschaft und alle, die schon freitags in den Anzeigenteilen herumsuchen: „Der Wohnungsbau verzeichnete weiter einen lebhaften Anstieg, sowohl im Mehrfamilienhausbau als auch im Ein- und Zweifamilienhausbau.“ Fünf Hallen, 20 bis 25 Nord, stehen daher alleine den Unternehmen aus den Bereichen Rohbau, Baustoffe, Dach, Wand und Fassade zur Verfügung.

Das Thema „Wärmeschutz“ gehört nach Angaben der Messe für die Kalksandstein-Industrie weiter zu den Dauerbrennern. Da die Bundesregierung die Wärmeschutzverordnung verschärfte, rechnen die Anbieter mit neuen Marktchancen. Allerdings: Die Regelung bezieht sich auf Neubauten.

Eher einen Randplatz nimmt weiterhin die Nutzung der Solarthermie ein. Immerhin aber wird die Möglichkeit präsentiert, Sonnenenergie zum Heizen zu nutzen, indem das sogenannte Eisbärfell- Prinzip angewandt wird: Statt wie früher die Versuchshäuser so kompakt und undurchlässig wie eben möglich zu konstruieren, ist die Wärmedämmung dabei transparent. Das Kalksandstein-Mauerwerk dahinter ist schwarz, um möglichst viel Wärme anziehen und speichern zu können und sie langsam an die angrenzenden Räume abzuführen. Die Messe Berlin wirbt für das Niedrigenergie-Modell: „100 Prozent Sonnenenergie werden in 50 Prozent Heizenergie umgesetzt. Die Präsentation dürfte sicher zu den Highlights der bautec '94 gehören.“

Auch die bundesweit organisierte Arbeitsgemeinschaft Holz setzt bei der Selbstdarstellung auf Niedrigenergiehäuser: In Halle 18 will die zentrale Informationsstelle der Forst- und Holzwirtschaft Möglichkeiten dazu zeigen, „wie sich die verschärften Anforderungen an die Wärmedämmung eines Gebäudes auch bei Holzbauweise äußerst ökonomisch realisieren lassen“.

Auch andere Arbeitsgemeinschaften, Innungen und Verbände sind auf der bautec vertreten, um firmenneutral zu beraten. Daß dabei kräftig für Produktart geworben wird, ist wohl nicht erstaunlich. So reagieren die Kachelofen- und Luftheizungsbauer-Innungen Berlin und Brandenburg unter anderem auf die Pläne des Senats, die Innenstadt Berlins bis zum Jahr 2000 weitestgehend kachelofenfrei zu bekommen. Sie demonstrieren in Halle 1 den sogenannten Berliner Grundkachelofen mit neuem Innenleben: entweder als Einzelheizung mit Erdgaseinsatz oder mit Kombi-Erdgaseinsatz mit Wasserteil als Zentralheizung.