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: Love hurts

„Gemischte Gefühle“, Donnerstag, 21.03 Uhr, ARD

Gemischte Gefühle hatte auch ich, als ich mit dem Wagen in die Edgar-Schmitt-Straße einbog. Ich hatte mich einen Abend lang auf Bogie besonnen, der, immer wenn es ihn hart traf, meinte, daß es nichts gäbe, was sich nicht mit einem gute Bourbon wieder einrenken ließe. Da winkte mich diese wunderschöne, lockenköpfige Polizistin mit der Kelle an den Straßenrand. Aber ihr neues, digitales Alkoholmeßgerät mit der unbestechlichen Flüssigkristall-Anzeige war wider Erwarten auf meiner Seite: Es kletterte nur auf vernünftige 0,72 Promille.

Was ich denn getrunken hätte, meinte ihr Kollege irrirtiert. er konnte mein empirisches Gebaren nicht mit meinem wissenschaftlich festgestellten Alkoholspiegel in Zusammenhang bringen: „Bestmmt nicht diese Warsteiner-Pisse“, gab ich zurück. Da wollte er mir den Führerschein doch noch abnehmen – ich hatte seine Hausmarke beleidigt.

Nur mit dem Hinweis auf die Aufzeichnung der Wieland-Backes-Show, welche ich noch in dieser Nacht zu sichten hätte, da ansonsten am nächsten Tag keine Kritik von mir in der taz stünde, kam ich frei. Von der Lernfähigkeit des Staatsaparates milde gestimmt, sah ich also „Gemischte Gefühle“ und muß sagen: es war, nach allem, was ich bis dahin erlebt hatte, gar nicht so schlecht.

Wirklich schwach war eigentlich nur das vermeintliche Highlight, als Hrdlička wortreich und nichtssagend erklärte, warum er Ilona Staller mit Farbe bekleckst hatte. Da fragte ich mich, ob das biedere Schwabenpublikum im Studio auch noch geklatscht hätte, wenn die Staller dort das gemacht hätte, wofür sie im italienischen Fernsehen berühmt ist: sich auf der Bühne lecken zu lassen...

Ansonsten war sowohl die Mixtur als auch die Machart der Beiträge durchaus pfiffig. Obgleich der Beitrag über Telefonsex kein neues Thema berührte, war der Ausflug ins „Epizentrum der Leidenschaft“ von Kurzweil beseelt. Entgegen meiner Befürchtung wirkte das Bemühen, Unterhaltung mit Journalismus zu koppeln, nicht ganz so bemüht. Nur bei der Moderation konnte sich Backes der Steifheit nicht gänzlich entledigen. Dem Thema wäre ein wenig mehr Leidenschaft durchaus angemessen gewesen. Im Kampf gegen die repressiv entsublimierte Schrillheit der Privaten ist „Gemischte Gefühle“ dennoch ein kleiner Schlachtgewinn. Manfred Riepe