■ Bonn-apart: Teure Luftnummern
Was zum Teufel sucht die deutsche Marine mit einem ganzen Geschwader im Südatlantik? Das fragen sich SPD-Abgeordnete aus dem Verteidigungsausschuß, denn für kostspielige Ausflüge haben die Parlamentarier momentan wenig Verständnis. Die Bundeswehr muß immer noch 600 Millionen Mark aus ihrem Etat streichen. Da werden nicht nur Standorte eingemottet und einige wenige Panzer abbestellt, da müssen die Soldaten auch auf neue Sportgeräte verzichten, da kaufen die Truppenbüchereien keine Neuerscheinungen mehr und kündigen Zeitungsabonnements.
Wer sich weiter oben tummelt, muß weniger sparen. Wenn sie an die sogenannten „Stabspiloten“ denken, gehen die Parlamentarier vor Ärger fast in die Luft. Das sind Luftwaffenoffiziere, die wegen ihres Alters nicht mehr im Cockpit, sondern am Schreibtisch sitzen. Fliegen auf Kosten der Steuerzahler wollen sie aber trotzdem, denn sonst verlieren sie ihren schönen Pilotenschein. Manfred Opel, SPD-Abgeordneter und als Luftwaffengeneral a.D. sachkundig, hat ausgerechnet, daß auf diese Weise jährlich mehr als 100 Millionen Mark in die Luft geblasen werden.
„Lässig mit dem Schal um den Hals geschlagen“, so erscheinen die Herren auf dem Flugfeld und entern die „schönen, dicken Jets, Hubschrauber oder Transportflugzeuge“ (Opel). Die Flugstunde kostet ja auch nur 10.000 Mark, auf dem Tornado gar nur 40.000 Mark. Die Lizenz der tollen Kerls verfällt, wenn sie nicht 60 bis 80 Stunden vorweisen können. Ein Luftwaffengeneral, so klagt der SPD-Abgeordnete Walter Kolbow, habe innerhalb von zwei Jahren auf diese Weise 600.000 Mark in den Himmel geschrieben. Fliegen macht süchtig. Klaus Kinkel, der sich sonst so gern zivil gibt, mußte als Co-Pilot eines Kampfflugzeugs über dem Bodensee zwar erfahren, daß die Widerstandskraft seines Magens Grenzen kennt. Trotzdem schwärmte er später in höchsten Tönen von dem Ausflug, von dem er einen wohlgefüllten Handschuh mitbrachte.
Was nun das Geschwader im Südatlantik angeht, so erklärt ein etwas herablassender Sprecher der Hardthöhe, liegen die Abgeordneten falsch. Schließlich pflügten dort nur drei Fregatten, ein Versorgungs- und ein Tankschiff durch die Wellen. Offizielle Begründung: Die Argentinier haben um Flottenbesuch gebeten. Und über den Atlantik müssen die Schiffe angeblich, weil die Amerikaner in der Karibik einen „Schießplatz“ für Flugkörper unterhalten. Zwischen Karibik und Südatlantik liegen zwar Tausende von Seemeilen. Die Marine aber, so offenbart der Sprecher, denkt global: „Wenn sie schon in dieser Gegend sind...“ Hans Monath
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