PDS-Kandidatur Manfred Müllers beunruhigt HBV

■ HBV-Landesvorsitzende kandidiert überraschend für die SED-Nachfolgepartei

In der Berliner Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) wackelt die Stellung des Landesvorsitzenden Manfred Müller.

Hintergrund ist die überraschende Kandidatur des 50jährigen auf einer offenen Liste der PDS für den Bundestag, die er gestern zusammen mit anderen Prominenten wie dem Schrifsteller Stefan Heym auf einer Pressekonferenz der SED-Nachfolgepartei im Karl-Liebknecht-Haus offiziell bekanntgab (siehe Seite 1).

Als parteiloser Gewerkschafter, verkündete Müller, wolle er auf einer Liste, die nicht von SPD und CDU aufgestellt werde, ein Zeichen für eine „unabhängige, aber nicht neutrale Einheitsgewerkschaft“ setzen.

Müllers Kandidatur ist in der HBV umstritten. Schon seine Vorgehensweise – nur ein interner Zirkel wußte um seine Entscheidung – sorgte in der Gewerkschaft für Verärgerung. Der überwiegende Teil des Vorstandes, der sich am Samstag zu einer Sondersitzung versammelt hatte, war erst kurz zuvor durch Presseberichte auf Müllers PDS-Wahlhilfe aufmerksam geworden.

Auf der Sitzung des Gremiums wurde Müller nach Angaben des Vorstandsmitglieds Manfred Birkhahn empfohlen, sein Amt als Landesvorsitzender in jedem Fall dann ruhen zu lassen, sollte es zu „inhaltlichen und zeitlichen Unvereinbarkeiten“ mit seiner Arbeit für die PDS kommen. Es dürfe auf keinen Fall der Eindruck erweckt werden, daß die HBV zu einem „Hilfsverein der PDS“ werde, erklärte Birkhahn gestern gegenüber der taz: „Eine Vermischung von beiden Funktionen darf es nicht geben.“ Besonders bei den Funktionären, die noch vor dem Fall der Mauer nach West-Berlin gekommen seien, habe Müllers Kandidatur „Bauchschmerzen“ ausgelöst. Skeptisch äußerte sich Birkhahn auch gegenüber einer erneuten Kandidatur des HBV-Chefs, der seit 1984 die Gewerkschaft führt. Dagegen spreche, daß die am 15. Oktober vorgesehene Landesdelegiertenkonferenz nur einen Tag vor der Bundestagswahl stattfindet. „Eine parallele Kandidatur für den Vorsitz der HBV und für den Bundestag schließt sich von daher aus.“ Umgekehrt hält Birkhahn es für kaum denkbar, daß Müller, sollte er mit seiner Kandidatur auf der PDS-Liste für den Bundestag scheitern, wieder seinen Posten bei der HBV einnimmt.

Der 1. Bevollmächtigte der IG- Metall-Verwaltungsstelle in Berlin, Manfred Foede, sagte gestern auf Anfrage, er sehe in Müllers Entscheidung keinen Grund zur Beunruhigung. Auf die Arbeit des Landesbezirksvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin und Brandenburg werde die Entscheidung des HBV- Chefs „keine Auswirkungen“ haben. Sowohl Müller als auch Foede waren am Freitag auf der DGB- Landesbezirkskonferenz in das Gremium gewählt worden (siehe auch Seite 22). sev