■ Die offenen Listen der PDS
: Der Traum von den Direktmandaten

Die PDS hat ihr Wahlmaskottchen gefunden: Volker, die rote Maus; Volker die Volksmaus. Sie ist, so lesen wir in den Unterlagen zur Wahl 94, „pfiffig, gewitzt, flink und mutig – Schnelldenker, Richtigdenker, Klardenker. Die rote Maus ist aber auch oppositioneller Querdenker.“ Volker, so wird es in Kürze auf Flugblättern, T-Shirts oder Buttons heißen, hört die Signale, „Volker boxt sich durch“. Nach ihrem aufsehenerregenden Abschneiden bei den Kommunalwahlen in Brandenburg (mit 21,2 Prozent der Stimmen wurde sie zweitstärkste Partei) ist die Angst der PDS, bei den Bundestagswahlen im Herbst an der Fünfprozentklausel zu scheitern, einem demonstrativen Optimismus gewichen. Mindestens 22 Prozent der Stimmen erwarten die GenossInnen in den neuen Bundesländern. Insgesamt, so die parteiinternen Analysen, könnte dies – bei einem Anteil der PDS im Westen von knapp einem Prozent – gerade einmal ausreichen, die Fünfprozenthürde zu überwinden. Das macht die Frage der Direktmandate so wichtig – drei dieser Mandate, und der Einzug in den Bundestag ist unabhängig von der Sperrklausel gesichert.

Um über das eigene enge Pontential hinaus Wählerstimmen zu bekommen, ist es daher für die PDS erforderlich, prominente parteilose Kandidaten auf ihren offenen Listen zu führen. Mit der Kandidatur von Stefan Heym mag der SED-Nachfolgepartei nun gelingen, was sie sich vorgenommen hat: ein neues Gesicht dadurch zu gewinnen, daß ihre Vertreter von weiteren Wählerschichten über die eigene Anhängerschaft hinaus einfach als die einzigen Vertreter des Ostens gesehen werden. Deshalb votierte die PDS gegen eine Parteibildung der „Komitees für Gerechtigkeit“, deshalb erteilte sie auch einer Ostdeutschen Wahlpartei eine konsequente Absage.

Mit der Kandidatur Stefan Heyms, der gegen den SPD-Vize Wolfgang Thierse antritt, wird wahlstrategisch geschickt der Eindruck erweckt, hier kandidiere der authentische, der zornige Ostdeutsche als Alternative zu dem Ostdeutschen, der sich nicht nur in Bonn, sondern auch in seiner Partei den Schneid von den Wessis hat abkaufen lassen. Über politische Inhalte oder Konzepte sagt das indes nur wenig. Ebenso plakativ ist die Kandidatur des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden des Kaliwerks Bischofferode, Gerhard Jüttemann. Ihm dürfte zwar noch zuzutrauen sein, für die PDS einige Stimmen jenseits der eigenen Anhängerschaft mobilisieren zu können. Daß dies auch für die Wendepolitiker Christa Luft und Günter Maleuda zutreffen soll, scheint aber eher fraglich. Volker die Volksmaus wird es nicht einfach haben. Wolfgang Gast