Neue Kohle für Veba?

■ „British Coal“ ist nach dem großen Kahlschlag reif für die Privatisierung

London (taz) – Der deutsche Energiekonzern Veba will die „British Coal“ übernehmen. Das berichtete die Londoner Times. Ein Sprecher des Konzerns kommentierte gestern, die Nachricht sei „aus der Luft gegriffen“. Offenbar haben aber Gespräche stattgefunden mit der konservativen Bergarbeitergewerkschaft Union of Democratic Mineworkers (UDM), die sich während des großen Bergarbeiterstreiks von 1984 von der National Union of Mineworkers (NUM) abgespalten hatte. Ins Geschäft kommen will auch die US-amerikanische Bergbaugesellschaft „Jim Walter Ressources“. Veba möchte billige britische Kohle in die übrigen EG- Länder exportieren, seine Tocherfirma Cory Coal liefert schon jährlich drei Millionen Tonnen nach Deutschland. Die gesamte britische Kohleindustrie steht zur Privatisierung an. Seit 15 Monaten hat die Regierung von Premierminister John Major eine Kahlschlagpolitik betrieben. In der vergangenen Woche kündigte sie an, fünf weitere Bergwerke dichtzumachen. Im Nordosten Englands, wo schon die Römer Kohle gefördert haben, wird die letzte Grube geschlossen. Die Arbeitslosigkeit in dieser Region liegt bereits jetzt bei mehr als 20 Prozent.

Insgesamt ist die Zahl der Bergwerke, die für die Privatisierung geopfert werden, auf 33 gestiegen. Industrieminister Michael Heseltine hatte im Oktober 1992 Massendemonstrationen und Streiks ausgelöst, als er die Schließung von 31 Bergwerken ankündigte. Er mußte daraufhin einen Rückzieher machen und gewährte 20 Bergwerken angeblich eine Gnadenfrist von drei Jahren. Das hat sich als Trick erwiesen, um den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen. – Robin Cook, Energieexperte der Labour Party, sagte gestern: „Diese Bergwerke werden geschlossen, weil die Torys den privaten Markt gegen Kohle manipuliert haben.“ NUM-Präsident Arthur Scargill bezeichnete die Regierungspläne als „industriellen Genozid“. Er beschuldigte British Coal, vor allem denjenigen Bergwerken den Garaus zu machen, in denen die NUM dominiert: Im NUM-Bergwerk Manton beispielsweise werde Kohle billiger gefördert als in allen anderen britischen Gruben, dennoch soll es dichtgemacht werden.

Anfang der achtziger Jahre waren 200.000 Menschen in der Bergbauindustrie beschäftigt, vor zwei Jahren waren es noch 40.000. Wenn Veba das Skelett von 17 Gruben kauft, werden nur noch 14.000 Jobs übrig sein. Ralf Sotscheck