Australien contra BRD

■ Symposium über Einwanderungen

Berlin (taz) – Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz. So lautet das Resümee eines Symposiums von über einhundert deutschen und australischen Fachleuten zum Thema „Zu- und Einwanderung von Ausländern“ in der Berliner Werkstatt der Kulturen. „Die Laissez-faire-Politik der Deutschen ist angesichts der hohen Arbeitslosenquote nicht ratsam,“ meinte John Nieuwenhauysen vom Bureau of Immigration and Population Research in Melbourne. Deutschland müsse die Migration poltitisch planen und wirksam kontrollieren.

Das Fehlen einer deutschen Einwanderungspolitik kritisierte vor allem die Ausländerbeauftragte des Landes Berlin, Barbara John. Deutschland habe „mit Verbissenheit versucht, keine Einwanderungsland zu sein, und es ist das größte geworden“, meinte sie.

Johannes Voigt, Professor am Historischen Institut der Universität Stuttgart, schlug in die gleiche Kerbe: „Die Probleme der Migration liegen nicht bei den Asylbewerbern oder Ausländern, sondern bei der perspektivlosen deutschen Politik in der Vergangenheit.“ Voigt forderte einen „unemotionalen und programmatischen Umgang“ mit dem Thema Zuwanderung sowie „die Schaffung eines Maßstabes von Kategorien der Einwanderung“. – Die Migration ist in Australien streng in drei Kategorien unterteilt: humanitäre Gründe, Familienzusammenführung und wirtschaftliche Entwicklung. „Nach Australien dürfen auch solche Menschen einwandern, die durch ihre fachliche Qualifikation in der Lage sind, wirtschaftliche Lücken aufzufüllen“, erläuterte John Nieuwenhauysen. Derzeit werden zum Beispiel Mathematik- und Japanischlehrer oder Physiotherapeuten gesucht. Im vergangenen Jahr wurde 76.000 Menschen – davon eintausend Deutschen – in Australien Bleiberecht gewährt: 13.000 Flüchtlingen, 35.000 Familienangehörigen und 28.000 neuen Arbeitskräften. Insgesamt leben in Australien 17 Millionen Menschen, rund ein Viertel der Bevölkerung ist im Ausland geboren. Die Arbeitslosenquote liegt bei elf Prozent, in der vietnamesischen Gemeinde sogar bei fünfzig Prozent. „Eine gute Migrationspoltik ist die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung Australiens und für ein gutes Bild nach außen,“ meinte Nieuwenhauysen.

Barbara John sieht im australischen Einwanderungsgesetz durchaus ein Modell für Deutschland. „Weg mit den restriktiven Reglementierungen, vor allem bei der Familienzusammenführung“, forderte sie. „Pluralität ist das Grundmuster einer Demokratie, und die Politik muß die Konflikte ausbalancieren.“ Anja Sprogies