Offene Abstimmung für Lemke-Schulte

■ Mißtrauensantrag: SPD-Frauen für namentliches Votum / Dicke Luft in der Ampelkoalition

Das wird was für's Auge: Wenn am Mittwoch die Bürgerschaft über den Mißtrauensantrag gegen die Bausenatorin befindet, dann wird sie das möglicherweise in namentlicher Abstimmung tun. Eine Abgeordnete nach der anderen wird dann aufgerufen und nach dem Votum befragt. Das ist das Ergebnis, das sich gestern bei der Sitzung der SDP-Fraktion abzeichnete. Danach scheint es keine Chance mehr für eine geheime Abstimmung zu geben, wie sie von der CDU sowieso, aber auch von FDP und Grünen gefordert worden war.

Es waren vor allem die SPD-Frauen, die für das offene Votum gesprochen haben. Unterdessen hat sich die Stimmung in der Koalition spürbar abgekühlt. Der Grund: eine einstimmig gefaßte Erklärung von FDP-Landesvorstand, Fraktion und Senatoren über die Neubesetzung der Gewoba-Geschäftsführung. Dort hatte die FDP noch einmal ihre schärfste Waffe gegen eine mögliche Neubewerbung des Baustaatsrats Lüthge angedroht. Wenn der noch einmal ausgewählt wird, wird die FDP ihr Veto im Senat einlegen. „Eine Frechheit“, kommentierte SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner.

Weniger aufgeregt dagegen waren die Grünen, obwohl auch die allen Grund dazu gehabt hätten. Schließlich hatten sie nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche zum heißumstrittenen Thema Innenstadt-Verkehr die Koalitionsfrage gestellt. Und der Partei-Landesvorstand hatte gestern noch einmal nachgelegt: Er forderte SPD und FDP auf, „die im Koalitionsvertrag vereinbarten Verkehrsberuhigungsmaßnahmen für die Innenstadt durchzuführen“. Bei einer Fraktionsklausur in Achim hatten sich die grünen Gemüter gestern schon wieder etwas abgekühlt. Die Fraktion und Teile des Landesvorstandes verständigten sich dort darauf, zu dieser Frage einen Kompromiß zu suchen. In den kommenden Tagen soll eine Liste von Verkehrsprojekten für die Innenstadt erarbeitet werden, mit der die Grünen dann noch einmal in den Koali-tionsausschuß gehen werden. Der Sprengstoff schlummert dann allerdings immer noch in der Ampel. Dagmar Bleiker, Pressesprecherin der Fration: „Der Rückbau der Martinistraße wird sicherlich dabeisein.“

Doch vor den brennenden inhaltlichen Themen steht noch der Mißtrauensantrag am Mittwoch. Heute nachmittag berät der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuß der Bürgerschaft über die spannende Frage, mit welchem Modus die Abstimmung über die Bühne gehen soll. Die juristische Lage dabei ist allerdings schon klar: Ein Mißtrauensantrag wird prinzipiell offen abgestimmt, außer die Bürgerschaft ist einstimmig für eine geheime Abstimmung. Eine einzige Stimme dagegen genügt, um die offene Abstimmung zu erzwingen.

Solche Stimmen finden sich bei der SPD reichlich. Es seien gerade diejenigen SPD-Frauen in der Fraktion gewesen, die die Ampel am meisten stützten, die für eine offene Abstimmung geredet hätten, hieß es aus der Fraktion. Sie gingen sogar noch weiter und kündigten einen möglichen Antrag auf namentliche Abstimmung an.

Endgültig will sich die SPD allerdings erst heute nachmittag entscheiden. Dann kennt sie auch ein mit Spannung erwartetes Ergebnis aus der FDP. Die wollte nämlich gestern schonmal zur Probe abstimmen, wie sie es denn nun mit der Bausenatorin hält. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluß allerdings noch nicht vor.

Jochen Grabler