Datenschützer prüft Einsatz in Monte Carlo

■ Verwirrung um Polizei-Affäre im Steuerparadies: BKA widerspricht Senator / Daten über Olympia-Gegner aus Berlin

Die Berliner Olympia-Bewerbung beschäftigt nicht nur das Abgeordnetenhaus und den Bundestag. Jetzt hat sich auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob eingeschaltet. Allerdings geht es in diesem Fall nicht um die Vernichtung von Akten, sondern um das Gegenteil: die großzügige Weitergabe von Daten über Olympia-Gegner an die Polizei von Monaco. Wie Jacobs Sprecherin der taz berichtete, sei noch immer nicht geklärt, auf welchem Weg bestimmte Informationen aus Berlins Polizeicomputer in das Fürstentum gelangen konnten. Nachdem die taz im September vergangenen Jahres den geheimen Einsatz von Berliner Polizeibeamten in Monaco aufgedeckt hatte, mußte Innensenator Dieter Heckelmann sich später vor dem Parlament verantworten.

Einen Tag bevor das in Monte Carlo tagende Internationale Olympische Komitee (IOC) Berlins Olympia-Bewerbung ablehnte, räumte Heckelmann vor dem Innenausschuß ein, daß elf Berliner Beamte mit 164 Akten und Fotos von 133 Personen im Gepäck in die Stadt der Spielbanken gereist waren. Unter anderem war damals taz-Journalist Uwe Rada mehrere Stunden verhört worden, sieben Olympia-Gegner wurden des Landes verwiesen.

Der verantwortliche CDU-Senator trägt inzwischen zu mehr Verwirrung als Aufklärung dieser Akten-Affäre bei. In einem Bericht an den Berliner Datenschutzbeauftragten zu dem Fall Rada behauptet die Innenverwaltung jetzt, daß Berliner Polizeibeamte an dem „Übermittlungsvorgang“ nicht beteiligt gewesen seien. Vor dem Parlament hatten Heckelmann und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky dagegen berichtet, daß vor Ort Auskunft erteilt worden sei – und zwar „auf spezielle Nachfrage“. Beide beriefen sich dabei ausdrücklich auf das Berliner Polizeigesetz (ASOG), das diese „übliche internationale Gepflogenheit“ rechtlich decke. Schon damals bezweifelten SPD und Grüne die Rechtmäßigkeit des „Berliner Blauhelm-Einsatzes“.

Im Falle des taz-Journalisten, heißt es in einem Schreiben des Datenschutzbeauftragten an den Betroffenen, sollen sowohl Anfrage wie Auskunft über Polizeidaten beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden erfolgt sein. Doch das Amt widersprach gestern der Darstellung der Berliner Innenverwaltung. BKA-Sprecher Günther Heiber: „Wer sich mit Köfferchen ins Ausland aufmacht, wird wohl den Schriftkram kaum über Wiesbaden abwickeln.“ Schon damals wunderten sich selbst die Wiesbadener Ermittler, daß die monegassische Polizei an völlig irrelevante Daten herangekommen war. Sie wußte sowohl, daß gegen Rada ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch eingestellt und ein weiteres – inzwischen ebenfalls eingestelltes – wegen Beleidigung anhängig war.

Über die „neue Rolle“ des BKA ist auch Berlins Datenschutzbeauftragter „überrascht“. Zu Recht. Denn die widersprüchlichen Darstellungen konnte gestern selbst Norbert Schmidt, Sprecher der Innenverwaltung, nicht aufklären. Er vermutet, daß sowohl über das BKA Daten weitergegeben worden seien, wie es auch vor Ort „direkten Kontakt“ gegeben habe. Dirk Wildt