Verteidigungsministerin Rehns kam nicht durch

■ Martti Ahtisaari wird Finnlands Präsident

Stockholm (taz) – Martti Ahtisaari heißt für die nächsten sechs Jahre Finnlands neuer und erstmals direkt gewählter Präsident. Überraschend klar mit 53,9 Prozent besiegte er am Sonntag seine eigentlich als Favoritin in diese Stichwahl gegangene Gegnerin, die liberale Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn. Sie hatte in der Zielgeraden den Schwung verloren und kam auf 46,1 Prozent. Sie sagte: „Ich jage lieber, als daß ich gejagt werde.“

Gejagt worden war sie vor allem von der unpopulären Regierungspolitik. Als Repräsentantin einer Regierung, die ständig neue Arbeitslosenrekorde – zuletzt 22 Prozent – erklären mußte und so sehr am sozialen Netz geschnitten hat, daß die Warteschlangen vor den Suppenküchen der Heilsarmee täglich länger wurden, war ihr zunächst stolzer 12-Prozent-Vorsprung immer mehr dahingeschmolzen. Wobei ein deutlicher Riß durchs Land geht. Rehn wurde überproportional von Frauen und in den Städten des westlichen Finnlands gewählt. Ahtisaari war bei den Männern und in den östlichen und nördlichen Teilen Finnlands der klare Sieger. Er hatte den Schwerpunkt seines Wahlkampfs auf eine Auseinandersetzung mit der Regierungspolitik gelegt und damit nicht nur an Profil, sondern auch an Zustimmung gewonnen. Rehn konnte dem nicht mehr viel entgegensetzen als die Vermutung, die Opposition könne es auch nicht besser. Auch Parteienpräferenzen scheinen diesmal, eher als beim ersten Wahlgang, eine Rolle gespielt zu haben. Die sozialdemokratische SympathisantInnenschar sammelte sich geschlossen hinter Martti Ahtisaari, während Elisabeth Rehn trotz aller Lippenbekenntnisse aus dem bürgerlichen Lager dieses nur zum Teil mobilisieren konnte. Sie bekam 300.000 Stimmen weniger als die verschiedenen bürgerlichen KandidatInnen im ersten Wahlgang. Bei einer etwa gleich großen Wahlbeteiligung von 82 Prozent waren das die Stimmen, die ihr im Endspurt gegenüber Ahtisaari fehlten: 250.000. Reinhard Wolff

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