Es hätte durchaus spannend werden können...

■ Maulfaule Studenten hingen Ex-„Bild“-Chefredakteur Günter Prinz an den Lippen Vom Medienkampf der Giganten oder: Wie Springer die „Herzen im Osten erobern“ will

Still und andächtig lauschten die Studenten. Vor 25 Jahren hätte der Ehrengast in einer Vorlesung für Studenten der Publizistik vermutlich keinen Fuß über die Schwelle der FU bekommen. Inzwischen aber freut man sich hier über hohen Besuch. Günter Prinz, ehemals Bild-Chefredakteur und jetzt Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, war erschienen, um „Strategische Konzepte im Kampf um den Berliner Medienmarkt“ zu diskutieren. Es hätte spannend werden können.

Professor Stephan Ruß-Mohl hatte den angehenden kritischen Journalisten Redeerlaubnis erteilt. „Ich habe gebeten, kritische Fragen zu stellen.“ Die wollten aber nicht so recht. Statt dessen lauschten sie den Thesen des Mannes, der zwischen 1971 und 1986 die Auflage der Bild-Zeitung von drei auf fünf Millionen gepusht hat. These Nr. 1: „Auf dem Berliner Medienmarkt wird derjenige siegen, der von seinem Teil Berlins als erster die andere Seite erobert.“ Blubb.

In der folgenden Stunde war von vielem die Rede. Von Marktanteilen, Layout und der Ähnlichkeit der Morgenpost mit USA Today, den roten Zahlen der Welt und den Chancen des Springer Verlags in Ostberlin. Und wie er denn die „Herzen im Osten erobern“ wolle, wollte eine von Prinz wissen. Der war gerührt. „Ach, das ist ja typisch, daß ein junges Mädchen das anspricht“, sagte er und mußte sie dann doch enttäuschen. Mit ganz „seelenlosen“ Instrumenten wie Technik und Preispolitik. Und mit Themen, die die Menschen bewegen: Verbrechen, Wohnungsnot, Verkehr.

Gegen Ende wurde einer dann doch noch frech und wollte „doch noch mal auf kritische Aspekte der Bild-Zeitung zurückkommen“. Schließlich habe es gerade zu Zeiten von Prinz als Chefredakteur „ungerechtfertigt Opfer“ gegeben. Prinz reagierte gelassen. Sicher habe das „Wallraff-Buch“ ihn betroffen gemacht und auch „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ von Heinrich Böll. Den Aufhänger für das Werk von Böll rechtfertigt Prinz allerdings heute noch. Unter der Schlagzeile „Baader-Meinhof mordet weiter“ hatte Bild Monate vor den Justizbehörden die Attentäter eines Bombenanschlags identifiziert und damit heftigen Protest provoziert. „Im nachhinein hat sich herausgestellt, daß wir recht hatten“, so Prinz. Daß in Deutschland Menschen nur in einem rechtsstaatlichen Prozeß zu Mördern erklärt werden können, lernen die Publizisten vielleicht in der kommenden Vorlesung. Gestern blieb es still im Saal. Jeannette Goddar