piwik no script img

Buthelezi schwimmen die Felle weg

■ Auch unter den Zulus ist ein Boykott der Wahlen in Südafrika umstritten

Umfolozi (taz) – Die Englischkenntnisse von Buthelezi werden mit einem Schlag äußerst dürftig. Verständnislos schüttelt er den Kopf, lächelt verlegen und entschließt sich dann doch zu einer Antwort auf die Frage, ob er bei Südafrikas Wahlen am 27. April seine Stimme abgeben wird. „Ich weiß es nicht“, antwortet der Ranger im „Umfolozi National Park“ in der Provinz Natal. Geht es nach seinem berühmten Namensvetter, dem Chiefminister des Homelands Kwa Zulu und Vorsitzenden der konservativen Schwarzenbewegung Inkatha, Mangosuthu Buthelezi, wird er als Zulu den Urnengang boykottieren.

Aber so sehr der Chiefminister auch im Namen der insgesamt sieben Millionen südafrikanischen Zulus sprechen will, so sehr wird dieser Anspruch von Meinungsumfragen in Frage gestellt. Selbst in den kasernenähnlichen Hostels bei Johannesburg, die angeblich von Inkatha kontrolliert werden, schrumpft die Zahl der Anhänger. Laut einer Umfrage unterstützen 52 Prozent der Bewohner den „African National Congress“ (ANC) von Nelson Mandela, und nur 30 Prozent sind für die konservative Schwarzenorganisation Inkatha. In der Provinz Natal, die als Hochburg von Inkatha gilt, liegt die Gruppierung ebenfalls hinter ihrem ärgsten Feind: 19 Prozent wollen für Inkatha stimmen, 46 Prozent für den ANC.

Ob dieser Vorsprung dem ANC in Natal freilich nützen wird, ist fraglich. „Wir werden uns nie vom ANC regieren lassen“, sagt mit aller Bestimmtheit ein Mitglied der Königsfamilie der Zulus, zu der auch Mangosuthu Buthelezi gehört, „die ANC-Leute sind Xhosas, wir sind Zulus.“

In einem Trainingscamp gleich in der Nachbarschaft des Umfolozi National Parks und nur wenige Kilometer von Ulundi, dem Amtssitz des Inkatha-Vorsitzenden, entfernt, krachen derweil täglich Explosionen. Geschoßgarben aus Schnellfeuergewehren zerreißen die Stille. Jeweils 450 Mann absolvieren hier eine Ausbildung in „Selbstverteidigung“, so jedenfalls die offizielle Darstellung. Aber Beobachter sind überzeugt, daß es sich um eine militärische Ausbildung handelt. Auf einer Inkatha- Konferenz rief Mangosuthu Buthelezi seine Gefolgsleute bereits auf, sich auf „eine Politik des Widerstands“ vorzubereiten. Seine Hoffnung: Wie zu Apartheid-Zeiten, als er mit hinhaltendem Widerstand den weißen Herren in Pretoria Zugeständnisse abzwang, glaubt Buthelezi wohl auch jetzt, seine Ziele durch Halsstarrigkeit erreichen zu können.

Überall in Natal zeigen sich die Grenzen solcher Hoffnungen. Die Straßen außerhalb von Empangeni in der Nähe des Industriehafens Richards Bay sind mit Wracks ausgebrannter Fahrzeuge gesäumt: Zeugen der Auseinandersetzungen zwischen Inkatha- und ANC- Anhängern, die alle Zulus sind. Vor allem die jungen Leute und die Einwohner der Townships in der Nähe von Städten haben sich längst aus der traditionellen Welt ihrer Heimatdörfer losgelöst – und tendieren zum ANC.

Die eher traditionell eingestellten Landbewohner folgen Buthelezi dagegen bedingungslos. Doch die Mitgliederbasis erodiert auch in diesen Gegenden wegen mangelnder Organisation. Unter den Leuten, die in den letzten Monaten vom Umfolozi Natural Park angeheuert wurden, befinden sich auch einige ANC-Mitglieder. Sie engagieren sich gegenwärtig in der Werbung für eine Gewerkschaft.

Prompt kam der Inkatha-Vorwurf, die Naturparkverwaltung würde ANC-Mitgliedern Zuflucht und Unterschlupf bieten. Auch Drohungen ließen nicht lange auf sich warten. „Wir werden mit Lastwagen kommen und die Leute abholen“, hieß es aus Inkatha-Kreisen. Das Inkatha-Versprechen, einen eigenen Gewerkschaftler vorbeizuschicken, um Mitgliederwerbung zu betreiben, wurde dagegen nie in die Tat umgesetzt.

In dem Bemühen, im Namen möglichst aller Zulus sprechen zu können, holte der Inkatha-Chef sogar den Zulu-König Goodwill Zwelethini aus der Versenkung. Buthelezi selbst hatte den Monarchen in den siebziger Jahren politisch kaltgestellt. Aber Goodwill Zwelethini ist ein unsicherer Verbündeter. Vor einigen Monaten kritisierte er öffentlich Inkatha, weil die Gruppierung die Demokratisierungsverhandlungen boykottierte.

In der Vergangenheit parierte Buthelezi solchen Ungehorsam mit dem dezenten Verweis auf die Tatsache, daß das 1970 gegründete Kwa Zulu schließlich die königliche Apanage berappte. Doch damit wird es nach den Wahlen vorüber sein. Dann zahlt die Regierung des neuen Südafrika für den König – und Kwa Zulu wird möglicherweise der finanzielle Hahn abgedreht. Willi Germund

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen