Gegen die Politikverdrossenheit

■ Die Jung-Alten in der CDU rufen den Wähler auf ihre Art zur Wahl

Hannover (taz) – Zu acht sitzen die „Minister und Verantwortungsträger“ da, die sich als „die Jungen in der CDU/CSU fühlen“, und in das Thema ihres Aufrufs gegen die Politikverdrossenheit führen Mimik und Körperhaltung schon ein: Ronald Pofalla, Chef der Jungtruppe im Bundestag, zieht sauertöpfisch die Mundwinkel nach unten. Neben ihm blickt der sächsische Umweltminister Arnold Vaatz gelangweilt aufs Papier. Wundervoll ergänzen sich strenges Gesicht und gefaltete Hände bei der Vize der Jungen Union, Christine Arlt-Palmer. Anders Generalsekretär Peter Hintze, er hält die Nase ganz hoch, hat das Kinn starr und energisch vorgeschoben. Die Arme vor der Brust verschränkt, den Kopf zur Seite geneigt, sieht Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann abwesend in die Ferne. Und der massige Generalsekretär der NRW-CDU Herbert Reul stützt sich mit verschränkten Armen auf dem Tisch ab, hat die Lippen schmal nach innen gezogen. Beim Chef der Jungen Union Hermann Gröhe weisen die Mundwinkel den direkten Weg zum Fußboden. Das Wort hat gerade der in der Mitte plazierte niedersächsische CDU- Kandidat Wulff: „Mit den vielen Gründen für Politik- und Politikerverdrossenheit setzen wir uns in unserem Aufruf auseinander.“

Doch was sind die Gründe? „Das Sich-Ausbreiten der Verachtungskultur – es ist bei bestimmten Musikgruppen und in Fernsehsendungen chic geworden, auf die Politik zu schimpfen“, meint Hintze. „Der Weg, der in diesem Aufruf beschritten wird, ist deshalb einer, von dem Faszination ausgehen soll“, sagt Wulff. Die Union wendet sich gegen Zuschauerdemokratie und „Radikalismus“, bittet den Bürger geradezu flehentlich um Engagement und vor allem um Wahlbeteiligung. Nur das Wort CDU kommt auf dem blauen Handzettel, der nun massenhaft unter die Niedersachsen gebracht wird, nicht mehr vor – faszinierende Aussichten.

Jürgen Voges