Auch öffentlicher Dienst für Lohn gegen Arbeitszeit

■ Forsa-Studie zur Arbeitszeitverkürzung

Berlin (taz) – Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich ist auch im öffentlichen Dienst eine populäre Forderung. Nach einer gestern vorgelegten Forsa-Studie sind 46 Prozent der Gesamtbevölkerung und 42 Prozent der Mitglieder des öffentlichen Dienstes dafür – gestaffelt nach Einkommenshöhe –, Gehalt gegen Freizeit zu tauschen. Wie Peter Grottian, Politologe der Freien Universität Berlin, die die Studie in Auftrag gegeben hat, erläuterte, war bei der Befragung ein Modell zugrunde gelegt worden, nach dem die oberen Gehaltsgruppen für zehn Prozent weniger Arbeit zehn Prozent Lohneinbußen hinnehmen, mittlere Einkommensbezieher dasselbe bei fünf Prozent und nur die unteren Gehaltsgruppen einen Inflationsausgleich von vier Prozent bekommen. Mit einer solchen Umverteilung könnten zweihundert- bis dreihunderttausend neue Arbeitsplätze geschaffen werden, meinte Grottian. Weit schlechter sieht es dagegen mit die Akzeptanz der gegenwärtig von ÖTV und Arbeitgebern erhobenen Forderungen aus.

Nach der Erhebung befürworten nur 20 Prozent der Bevölkerung die Gewerkschaftsforderung nach vier Prozent mehr Lohn, und nur 18 Prozent wollen die von den Arbeitgebern angestrebte Nullrunde für alle. Bei Mitgliedern des öffentlichen Dienstes machten die Forscher 32 Prozent Zustimmung für die Gewerkschaftsforderung und 20 Prozent Zustimmung für eine Nullrunde aus. Angesichts solcher Zahlen könnten Frau Wulf-Mathies und der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Innenminister Kanther, keine „plausible Mehrheitsfähigkeit“ für sich reklamieren, meint Grottian. Der Befund sei vielmehr ein Beleg dafür, daß die Sensibilität für solidarische und arbeitsplatzschaffende Maßnahmen in der Bevölkerung ungleich stärker sei „als bei denjenigen, die angeblich mit ihrem Mandat verhandeln“. gp