„Senkt lieber die Gebühren!“

■ Bremer Banken als Kunstförderer: zwischen Imagepflege und Nachwuchshege

„Runter mit den röhrenden Hirschen!“ So fordert es Herr Brandi gebieterisch. Keine der Deutsche-Bank-Filialen im Bremer „Marktgebiet“ zwischen Langerooge und Lohne soll künftig noch mit Kupferstich-Imitaten oder blumigen Aquarellen verunziert sein. Enno Brandi steht als Kunstfachmann seit 1988 in Diensten der Deutschen Bank in Bremen, um alle 36 Filialen mit v.a. junger Kunst auszustatten, und zwar mit „qualitätvoller“. Der Ruf nach Qualität hallt neuerdings durch alle größeren Kreditinstitute im Lande bzw. durch deren PR-Abteilungen. Aus der Rolle des Nothelfers, der kleine Kunstprojekte mildtätig, aber eher wahllos unterstützt, soll das Image des Kunstsponsors werden – und Künstler wie Museen machen sich schon größte Hoffnungen.

Als Lückenbüßer wollen sich die Banken und Sparkassen freilich nicht verstanden wissen. „Wir wollen ja nicht an die Stelle des Staates treten“, sagt Heinrich Boning, PR-Mann der Bremer Landesbank. „Die öffentliche Hand hat die Grundverpflichtung; wir können da nur substitutionell fördern und uns an bestimmten Segmenten beteiligen.“ Die Segmente, die Claims aber wollen wohl ausgesucht und abgesteckt sein. Denn letztlich geht es nicht allein um Kunst- und Menschenfreundlichkeit: „Zielgruppen-Marketing“ lautet das Stichwort, unter dem nun auch die kunstinteressierten Bankkunden gezielt angesprochen sein wollen.

Die Kunst soll den Geldhäusern Profil verleihen, und das geht am besten mit qualitativ hochrangiger Kunst. Was darunter zu verstehen ist, darüber sind sich die Banker allerdings noch nicht ganz sicher.

Da helfen Leute wie Herr Brandi weiter oder Frau Schuster. Die Bremer Landesbank hat sie als Kunstfachfrau engagiert, um ein komplettes neues Kunstprogramm auf die Beine zu stellen: „Kontakte zur Kunst“. Die nicht eben geringen Ansprüche des Unternehmens macht derzeit die Richard-Long-Ausstellung im Neuen Museum Weserburg deutlich. Deren Katalog samt Plakat- und Flaggenwerbung wurde von der Bank finanziert; Kostenpunkt: rund 100.000 Mark. Wie bei Long, will die Bank auch künftig vorzugsweise Ausstellungen „internationaler Künstler fördern, die schon einen gewissen Ruf haben“, sagt Silke Schuster. Man will eben „nicht so ne betuliche Heimattümelei“ verbreiten, wie Kollege Boning sagt. Gerade bei den Jungkunden „können wir doch nicht mehr so großväterlich im Nadelstreifenimage daherkommen.“

So richtet eine jede Bank ihren Kunstanspruch nach dem gewünschten Image. Bei der Deutschen Bank will man nicht als „alte Dame“ unter den Geldinstituten gelten und stattet sich folglich mit jungen, gern auch experimentierfreudigen Künstlern aus. Die Nord/LB will ausschließlich „exzellente Projekte fördern“; zuletzt zeigte sie, mit einem Einsatz von rund 150.000 Mark, den gut etablierten Kunstpreisträger Gerhard Richter in der Bremer Kunsthalle. Die Commerzbank („Die Bank an Ihrer Seite“) setzt eher auf Breitenförderung: „Künstler aus der Region“, alt und jung, sollen von ihrem Geld profitieren. Beim Wettbewerb um den Bernhard-Kaufmann-Kunstpreis, den die Commerzbank seit 1990 unterstützt, soll „auch ein Nobody eine Chance haben“.

Ja, und auch bei der heimischen Sparkasse haben die PR-Strategen die Zeichen der Zeit erkannt. „Früher haben wir ja eher nach dem Prinzip Gießkanne ausgewählt“, sagt Hans-Joachim Genzmer. Damit ist nun Schluß. In die prächtige Kassenhalle des Haupthauses am Brill findet nur noch Einlaß, was durch die Qualitätskontrolle der Kunstexpertin Katerina Vatsella gegangen ist. Bis zu sechsmal im Jahr wird die Sparkassenkundschaft so v.a. mit aktueller Kunst „aus der Region“ konfrontiert. Die rechtschaffenen Hobbymaler aber will die Sparkasse nicht völlig verprellen: Sie haben in einer kleinen Wechselausstellung im Durchgang zum Brilltunnel ihre Heimstatt gefunden.

So läppern sich die Kunstpreise, die Werbehilfen, die Ankäufe und die Filial-Ausstellungen der Bremer Geldinstitute zusammen. Mit Imagepflege allein habe dieses geballte Engagement nichts mehr zu tun, heißt es bei vielen Banken. Die Bremer Landesbank sieht in den „Kontakten zur Kunst“ auch eine langfristige Hilfe für die regionalen Kunstinstitute, und „da gibt es eine Reihe von hochkarätigen Partnern“. Die Sparkasse schließlich begreift ihr Ausstellungswesen sogar als „pädagogische Maßnahme“, wie PR-Chef Genzmer sagt: Bis zu 5000 Kunden bevölkern täglich allein die Kassenhalle mit ihrer Kunst – davon dürfen die heimischen Museumsleute nur träumen. Freilich: „Unsere Kunden“, räumt Genzmer ein, „sind natürlich nicht das typische Kunstpublikum“ Und so bleibt die private Kunstförderung ein hartes Geschäft, und leider unkalkulierbar. Mancher Kunde, berichtet Genzmer, frage die Schalterkräfte immer noch: „Muß das eigentlich sein? Senkt doch lieber die Gebühren!“ Thomas Wolff