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■ Kleinstadtskandal: Festival des schlechten Geschmacks„Langenfeld ist nicht San Francisco“

Langenfeld (taz) – Für seine erdverwachsenen Lokalpatrioten ist „Langenfeld die ganze Welt“. Aufgeklärteren Zeitgenossen gilt die rheinische Kleinstadt zwischen Köln und Düsseldorf dagegen als „das intoleranteste Dorf Deutschlands“. Seit langen Jahren gibt es hier aus provinzieller Engstirnigkeit resultierende Belustigungsanlässe: Vor einem Jahrzehnt wurden in Langenfelds heiler Welt Schülerzeitungsredakteure ernsthaft wegen Gotteslästerung abgestraft. Während der letztes Jahr inszenierten Gay May Days im katholischen Marktflecken äußerte ein Bürgermeister etwa den frommen Wunsch, daß „Langenfeld nicht zum San Francisco des Rheinlandes“ werden dürfe.

Seit mehr als zwei Wochen ängstigen sich nun schon die Honoratioren der Gemeinde über die ins Haus stehenden „Langenfelder Tage des schlechten Geschmacks“. Dabei handelt es sich um ein Kabarett- und Satirefestival von überregionalem Renommee, das kommunal finanziert und autonom verantwortet nun zum dritten Mal stattfinden soll.

Heuer hat sich Klaus Dau, der künstlerische Leiter des Festivals, im Brotberuf Leiter der kommunalen Kulturinstitute des Hostienbiotops, eines Vergehens schuldig gemacht: Er hat seine ihm unterstehenden Häuser, die Stadthalle und die Kulturfabrik, im Rahmen des Lästerspektakels eigenmächtig umbenannt. Und zwar von „Stadthallen Betriebs-GmbH“ in „Schaustall“ bzw. „Schauplatz“! Außerdem zog der streitbare Sozialdemokrat öffentlich über die jenseits der „Tage des schlechten Geschmacks“ völlig unerwähnenswerte Kulturpolitik seines Sprengels her. Langenfelds Kulturamt sei „eine verwaltungseigene AB-Maßnahme“, und dessen Chefin bewirtschafte „eine seit langem versteppte Spielwiese“.

Relevante Tatbestände also, die den christdemokratischen Bürgermeister Friedhelm Görges und seinen Stadtdirektor folgerichtig zum Entlassungsbegehr ihres Stadthallenchefs zwingen mußten. Nachdem aber der Stadtrat diesem Ansinnen mit knappster Mehrheit nicht entsprechen wollte, besann sich die Megamimose Görges auf sein Gewissen: „Nach pflichtgemäßer Abwägung“ verfügte er einen nach der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung zwar möglichen, aber unüblichen Widerspruch gegen den Ratsbeschluß. Kampfbereite Bataillone des Kleinstadt-Lübkes Görges brachten sich in Stellung: Brudermeister Klaus Klinkert von den Sebastianus-Schützen bezichtigt die Werbemaßnahmen der von Dau verantworteten „Tage des schlechten Geschmacks“ der Blasphemie. Die während des Festivals geplante Revue „100 Jahre CDU“ von Christoph Schlingensief wurde vom rasenden Mob nach den Kriterien des gesunden Volksempfindens beurteilt. Schlingensief wurde letztlich angesichts der Diffamierungen trotzig und sagte die geplante Vorstellung ab. Er sei nicht bereit, „die Schauspieler dem kleingeistigen Mief Langenfelds auszuliefern“. Und auf der zum zweiten Mal über den Entlassungsantrag entscheidenden Ratssitzung am Dienstag dieser Woche bekam auch der Witzbold Wiglaf Droste das, was er verdient: Der morgen in Langenfeld lesende Herr des offenen Wortes wurde in seiner Eigenschaft als angeblicher RAF-Sympathisant zum Unmenschen aufgebaut. Die für das Satirefestival verantwortlichen Provokateure hingegen seien in den Augen des Bürgermeisters nur „die neue SA“. Langenfelds Kulturdezernentin aber glänzte während der Sitzung mit der Äußerung, daß die Satirefans angekündigt hätten, „Asylantencontainer auf dem Marktplatz anzuzünden“. Half alles nix: Die Abwahl Klaus Daus wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Thomas Meiser

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