: Ansteckende Träume
■ Heute vor fünf Jahren begann die Geschichte des Mojo Clubs / Ein Rückblick
Der Mojo Club ist nicht einfach eine Diskothek. Im Verbund mit dem Mojo-Shop in der Schanzenstraße, wo alles erhältlich ist, was der souveräne Jazzfloor-Clubber begehrt, stiftet der Club Identität, eine Art jugendkulturelles Natiönchen. Hat man einmal die Tür des Mojo-Shops geöffnet und alle Etagen durchlaufen, tritt man als neuer Mensch in die Welt hinaus: als Mojo-Mensch. Mit neuer Frisur hält man frisch gewandet seltene Platten im Arm.
In der Galerie des Mojo Shops sitzen die beiden Hamburger Jazz-floor-Sinnstifter Oliver Korthals und Leif Nüske und halten Rückschau. Beide betreiben strikte Arbeitsteilung. Während Korthals wochenends an den Plattentellern steht und sich um Bands und Gast-DJ's kümmert, organisiert Nüske im Hintergrund und „bildet die Klammer zwischen Club und Laden“. Idee und Prinzip funktionieren jetzt im fünften Jahr blendend. Bald wird eine Dependance in der Innenstadt hinzukommen.
Doch die beiden Gesichter hinter dem kleinen Musik-Imperium sind keine gelackten Jungunternehmer, keine Gewinnler, die eines Tages den richtigen Riecher hatten, sondern sie tragen die entspannte Haltung von Leuten, deren Träume ansteckend waren. „Mojo nahm immer mehr Zeit in Anspruch, und da Geisteswissenschaften ohnehin nicht die besten Berufsaussichten versprachen, stiegen wir aufs Hobby um“, meint der ehemalige Soziologie-Student Korthals. Den Namen entlehnten sie dem Voodoo, wo „Mojo“ „Charme“ bedeutet.
Begonnen hat alles am 11. Februar 1989 in der Bad Galerie in der öffentlichen Badeanstalt Kellinghusen. „Schon bald hatten wir eine eingeschworene Fangemeinde, die monatlich in die Gemäuer pilgerte“, erzählt Nüske. Dabei wurden erste Kontakte zu Gilles Peterson und Edward Piller geknüpft, die, bevor Peterson sich mit Talkin' Loud selbständig machte, zusammen das Acid Jazz-Label betrieben. Nüske versuchte deren Platten in Deutschland an den Mann zu bringen, als noch kein Hahn nach tanzbarem Jazz krähte. Danach tingelte der Club durch diverse Räume, bis er Mitte 1990 in der Prinzenbar ansässig wurde. „In dieser Zeit passierte viel am Kiez: Tempelhof, Soulkitchen und eben wir. Es war reizvoll mit einem kurzen Fußmarsch zwischen Soul, Hip Hop und Dancefloor Jazz zu wechseln.“, begründet Korthals den Erfolg, der auch für die beiden Betreiber überraschend kam. Nach einem Jahr zogen sie dann in die Räume eines ehemalige Musikgeschäftes an der Reeperbahn, mit sehr kurzfristiger Perspektive allerdings, denn eigentlich sollte der Komplex in Jahresfrist abgerissen werden, um einem bombastischen Bürokomplex zu weichen. Doch die Entscheidung über Abriß und Neubau zog sich ewig hin. Ende dieses Jahres werden die beiden nun eventuell den Umzugslaster bestellen müssen.
„Die heute für uns typische Farbkombination braunrot und schwarz ergab sich eher zufällig durch den Teppich,“ erzählt Leif Nüske: „Wir mußten nur noch alle Tische und Tresen in der gleichen Farbe beizen.“ Vervollständigt wurde der Gesamteindruck durch an die Wand projizierte Dias rarer Plattencover aus dem Arsenal von Korthals und Optikinetics, einer Reihe sich drehender Farbscheiben, die in den 60ern in Mode waren. „Aber eigentlich brauchen wir keine Optikinetics, denn als einmal das Licht ausfiel, schien das keinen zu kümmern“, feixt Korthals. “Wir stellten Kerzen auf und alle tanzten weiter.“
Volker Marquardt Mojo- Party heute mit Jazz not Jazz Allstar DJ-Team (Groove Attack/Into Somethin/Mojo), 23 Uhr
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