Konzept der Gegenwehr

■ Tarifkonflikt Metallindustrie: Gewerkschaft ist gegen „Angriffsaussperrung“ gewappnet Von Kai v. Appen

Heute werden zum zweiten Mal mehrere zehntausend MetallerInnen an der Küste mit Warnstreiks gegen die „Kompromiß-Unfähigkeit“ und gegen den geplanten „massiven Tarifabbau“ in der Metallindustrie demonstrieren. Zeitgleich unternehmen die IG Metall- und Gesamtmetall-Bosse in Frankfurt einen letzten Versuch, einen schweren Arbeitskampf zu verhindern. Doch wenn die Verhandlungen scheitern, könnte es schon Montag zu schweren Konfrontationen kommen.

Der IG Metall liegen Informationen vor, daß Nordmetall „Aussperrungen großen Stils“ vorbereitet. In der Tat hatten die Unternehmer bereits vor Scheitern der Tarifgespräche angekündigt, daß sie gegebenenfalls auf Warnstreiks mit sogenannten „Warnaussperrungen“ reagieren werden, der vornehmen Umschreibung von „Angriffsaussperrungen“.

iese jedoch hat das Bundesarbeitsgericht nach dem großen Druckerstreik von 1976 für rechtswidrig erklärt. Die Bundesarbeitsrichter gestatten den Unternehmen lediglich im Verlauf eines Arbeitskampfes – also nach einer gewerkschaftlichen Urabstimmung –, ebenso viele Beschäftigte auszusperren wie sich GewerkschafterInnen im Streik befinden. Und selbst an dieser Formel wollen die Bundesarbeitsrichter am liebsten nicht länger festhalten.

Für eine rechtswidrige Angriffsaussperrung ist die IG Metall Küste jedoch gewappnet. Die Gewerkschaft hat alle Mitglieder aufgefordert, im Falle dieser Maßnahme im Betrieb ihre Arbeitskraft anzubieten. Sollte sie nicht angenommen werden, sollen die MetallerInnen in den Produktionshallen ausharren – notfalls tagelang. Im Klartext: Den Betrieb besetzen.

Einige Metallbosse werden nun ihrerseits einer Betriebsbesetzung nicht tatenlos zusehen und versuchen, die Belegschaften gar nicht erst in den Betrieb kommen zu lassen, indem sie die Betriebstore verbarrikadiert lassen. Doch dann wiederum soll das Betriebsverfassungsgesetz zum Zuge kommen. Ein Metaller: „Der Betriebsrat braucht nur eine Betriebsversammlung einzuberufen und schon hat er das Hausrecht.“

Verweigert das Unternehmen dann immer noch den MitarbeiterInnen den Zugang, kann vom Notwehrparaphen 32 im Strafgesetzbuch Gebrauch gemacht werden. Er gibt den Beschäftigten bei einem rechtswidrigen Angriff das Recht zur Verteidigung. Im Klartext: Sie dürfen Barrieren aufheben oder Zäune überwinden, um an der Betriebsversammlung teilzunehmen.

Auch die Polizei ist angehalten, notfalls mit „Zwangsmaßnahmen“ den MitarbeiterInnen den Zugang zu ermöglichen, indem das Tor freigemacht wird. Der Metaller: „Und im Zuge einer Tarifauseinandersetzung kann eine Betriebsversammlung durchaus auch schon mal zwei Wochen dauern.“