Romakinder dürfen bleiben

■ Ausländerbehörde irrte sich / Keine Abschiebung nach Serbien Von Sannah Koch

Ihre Ausreiseaufforderung können sie in den Papierkorb werfen – die vier Romakinder Zaklima, Dragana, Jelka und Stole dürfen vorerst in Hamburg bleiben. Am 10. Februar, so hatte die Ausländerbehörde vor einigen Tagen verfügt, hätten die drei, sechs, neun und dreizehn Jahre alten Kinder sich am Grenzübergang zur Ausreise einzufinden. Nachdem die taz gestern über den Fall berichtet hatte, versprach Behördenmitarbeiter Norbert Smekal jetzt aber, den Fall erneut prüfen zu lassen: „Wir werden solange nichts gegen die Kinder unternehmen, bis die Sachlage völlig aufgeklärt ist.“

Der in der Behörde vorliegende Informationsstand über die Lebensumstände der Kinder scheint eher desolat. So war es den zuständigen Sachbearbeitern offenbar nicht bekannt, daß die Kinder aus dem Karolinenviertel seit einem halben Jahr unter der Vormundschaft ihrer Halbschwester leben. Auch gingen sie davon aus, daß der leibliche Vater – sein Sorgerecht ruht derzeit – sich in Serbien aufhält. Stimmt nicht, sagen Sozialarbeiter aus dem Karoviertel, er lebe in Hamburg und habe hier einen Asylantrag gestellt.

Völlig rätselhaft ist überdies, warum die Kinder in ihre Heimat nach Serbien abgeschoben werden sollten. Laut Auskunft von Smekal darf nämlich derzeit wegen der Kriegssituation dorthin überhaupt nicht abgeschoben werden.

Nach Auffassung von Jochen Menzel, Bundesvorsitzender der Kinderhilfsorganisation terre des hommes, hätte die Ausreiseaufforderung an die Romakinder gar nicht veranlaßt werden dürfen: Wenn in ihrer Heimat keine Angehörigen leben, die die Versorgung der Kinder sicherstellen können, gelte dies als Abschiebehindernis. Die Situation für ausländische und Flüchtlingskinder hat sich in den vergangenen Jahren zugespitzt – nach dem neuen Asyl- und Ausländergesetz müssen auch Kinder unter 16 einen eigenen Antrag auf Asyl oder Aufenthaltsbefugnis stellen.

Daß angesichts dieser Umstände immer mehr Ausländer in die Illegalität flüchten, scheint wenig verwunderlich. Wie die Behörde jetzt mitteilte, tauchten im vergangenen Jahr alleine in Hamburg 3695 Flüchtlinge spurlos unter. 1992 waren es 1080 – in den Jahren davor jeweils etwa 500 Menschen gewesen, die sich dem Behördenzugriff entzogen. Illegale verlieren mit diesem Schritt ihr Recht auf staatliche Unterstützung und Arbeitserlaubnis.