„Wir trauen Heckelmann nicht“

■ „Asyl in der Kirche“ berichtet, daß die Situation für die versteckt gehaltenen Angolaner im Moment „furchtbar“ sei

Seit dem Heiligen Abend sind 15 Flüchtlinge aus Angola, deren Asylantrag mit einer Ablehnung beendet wurde, in Berlin untergetaucht. Die Ad-hoc-Initiative Angola und der Arbeitskreis „Asyl in der Kirche“ halten die Männer, Frauen und Kinder versteckt. Seitdem gibt es Streit um diese Menschen. Die evangelische Kirche, der katholische Bischof Sterzinsky, amnesty international Berlin, der Ausländerausschuß im Abgeordnetenhaus und dann auch das Parlament forderten Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) auf, die Abschiebungen auszusetzen. Rechtliche Grundlage dafür solle der Paragraph 54 des Ausländergesetzes sein. Danach kann ein Bundesland ohne Abstimmung mit dem Bundesinnenminister einen auf sechs Monate befristeten Abschiebestopp für besonders gefährdete Gruppen von Menschen beschließen. Der Innensenator will der Empfehlung des Parlaments indes nicht folgen. Ein Gruppenabschiebestopp komme erst dann in Frage, erklärte er, „wenn nunmehr grundsätzlich für jeden heimkehrenden Angolaner eine erheblich konkrete Gefahr für Leib, Leben und Freiheit besteht“. Dies sei nicht der Fall, denn im neuesten Lagebericht des Auswärtigen Amtes stehe, daß nur bei den Personen, „die aus Unita-kontrollierten Gebieten stammen und in regierungskontrollierte Gebiete abgeschoben werden sollen“, eine „Gefährdung“ nicht auszuschließen ist. Fazit des Innensenators: Die 15 versteckten Flüchtlinge sowie 60 weitere Angolaner in Berlin, deren Asylverfahren beendet sind, sollen einen „Asylfolgeantrag“ stellen, damit im Einzelfall über eine mögliche besondere Gefährung entschieden werden kann.

Gegen diese Auffassung protestierten gestern die Ad-hoc-Initiative Angola und der Arbeitskreis „Asyl in der Kirche“. Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten dürften nicht individuell (erneut) in ein Asylverfahren hineingedrängt werden, sondern ihre Gefährdung sei ein Gruppenschicksal. Und dies berücksichtige nur das Ausländergesetz, bei der die Möglichkeit einer Gruppenduldung bestehe. Die meisten der 15 versteckten AngolanerInnen seien Angehörige der ethnischen Gruppen Bakango und Mbundo, die nach den Pogromen in Angolas Hauptstadt Luanda weiterhin als Hauptrisikogruppen angesehen werden müssen. Bei ihnen würde die Möglichkeit bestehen, daß ein Asylfolgeantrag erfolgreich wäre. „Aber wir trauen Innensenator Heckelmann nicht“, sagte Flüchtlingsberaterin Traudl Vorbrodt. Für die Flüchtlinge sei die derzeitige Situation „furchtbar“, berichtete Traudl Vorbrodt. Weil sie zwischen den Paragraphenmühlsteinen Ausländer- und Aslygesetz hängengeblieben seien und keine „Duldung“ haben, erhalten sie weder eine offizielle Unterkunft noch Sozialhilfe, geschweige denn eine Krankenversicherung.

Sie hätten große Hoffnung auf den Regierenden Bürgermeister Diepgen gesetzt, erzählte Frau Vorbrodt, aber mit der sei es jetzt auch vorbei. Denn dieser schrieb am 2. Februar einen Brief an den Flüchtlingsrat, in dem er bis zur nächsten Innenministerkonferenz im Mai eine befristete Duldung versprach.

Der Streit betrifft alle Flüchtlinge aus Kriegsgebieten, zum Beispiel die rund 20.000 Menschen aus Kroatien und dem Kosovo in Berlin. „Asyl in der Kirche“ fordert auch für sie die Anwendung des Ausländergesetzes und votiert für eine gestaffelte Rückführung der Flüchtlinge bis Juni 1995. Für die Kosovo-Albaner müßte, so wie es in Nordrhein-Westfalen derzeit überlegt wird, ein genereller Abschiebestopp gelten. Plutonia Kugler