Malefitz statt Benefitz

■ Das neue Kabarettprogramm von Lisa Fitz auf Kampnagel

Wenn das Wort „Powerweib“ nicht so entsetzlich wäre, könnte man versucht sein, es auf die geballte Energie einer Lisa Fitz noch einmal anzuwenden. Da war doch was, möchte man nach zwei Stunden Solo-Fitz sagen, nachdem der sprachliche und schauspielerische Orkan am Donnerstag abend durch die ausverkaufte Halle 6 auf Kampnagel gefegt ist.

Mit Lockenperücke und Stöckelschuhen berichtete Lisa Fitz in ihrem neuen Programm „Heil!“ herrlich sprachtänzelnd gestelzt vom letzten Besuch einer Vernissage in der „Grube 4“, einem stillgelegten Abwassersystem , wo ein engagierter polnischer Bildhauer einem honorigen Publikum die gelb-schwarzen Kringelchen seiner Suizidalphase vorstellte. Da waren sie alle versammelt, die Wenders, Praunheims und Reich-Ranickis der Nation, wobei sich mit zunehmendem Alkoholgenuß eine gewisse „Strukturlosigkeit“ einstellte: „Du blöde Sau“, habe da beispielsweise der Achternbusch nach dem achten Bier ganz unverhohlen zum malaiischen Botschafter gesagt, „und der Helmut Berger hat immer gesagt, er will den Rosa von Praunheim vögeln, als Beitrag zum Abbau gesellschaftlicher Tabus“.

Jegliche Konvention über den Haufen werfend, hechelte die wunderbar zickige Lisa Fitz durch die bundesdeutsche Krisenlandschaft, teilte laut trampelnd in alle nur vorstellbaren Richtungen aus, sich selbst und auch niemanden sonst dabei schonend. Krisen nähren laut Fitz-Kabarett den Terror, den Beziehungs-, Therapie-, Diäten-, und Pillen-Terror, der schließlich im alles einnehmenden Rausch der Zwänge mündet. Und da muß dann die Ordnung her, schließlich „schreit die Vielfalt nach Einfalt“. Als „zwangsneurotische Führungskraft“ fordert die Fitz - jetzt ganz in Leder, eine große Deutschlandfahne apart um die starken Schultern geschlungen - im Befehlston das Publikum zum mitschnippen und mitstampfen auf (“Ich weiß, daß es peinlich ist, aber das nützt euch nichts“. Schließlich komme „Fitz“ nicht von Benefitz, sondern von Malefitz = Verbrechen, Missetat!). Sie überzeugte dabei so erschreckend perfekt, daß die Zuhörer sich tatsächlich stampfend der Lächerlichkeit preisgaben.

Und dann tischte sie zu guter Letzt makaber-konstruktive Vorschläge zum Thema Rassismus auf: Man müsse einfach mal das Deutsche im Ausländer erkennen. Da sich die Deutschen in der Welt verteilen, käme ihre Genmasse - „Gen ist die Verkürzung von German“ - in Gestalt der Ausländer zurück.

Gewürzt mit deftigen Songs wie „Ich bin bläd“ oder „Mein Mann ist Perser“ - Christopher Rockingham Gill begleitete am Keyboard und Werner Schultheiß an der Gitarre - gab's an dem erfolgreichen Abend nichts zu deuteln: diese bayrische Ausnahmegestalt ist ein „stutenbissiges“ Kraftweib erster Güte.

Simone Ohliger