: Rote Roben, rote Karte
■ Hafenstraße: Hiobsbotschaft aus Karlsruhe / Verfassungsbeschwerde gegen Räumung abgelehnt / Voscherau schweigt - noch Von Sannah Koch
Wortkarg gaben sich gestern viele – in Karlsruhe wie in Hamburg. Beispielsweise der Sprecher des Bundesverfassungsgerichts (BVG). Doch dementieren mochte er sie schließlich auch wieder nicht, die Hiobsbotschaft für die Hafenstraße. Trotz aller Einsilbigkeit klang's deutlich durch: In der kommenden Woche wird das BVG mitteilen, daß es sich nicht mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Räumung der Hafenstraße befassen wird. Ebenso wortkarg – die gesamte Riege der Hamburger Entscheidungsträger. Kein Jubelgeheul, keine markigen Ankündigungen. Statt dessen einmal mehr: kollektives Abtauchen.
Die Ablehnung durch die Roten Roben setzt einen Endpunkt. Nach jahrelangen Irrwegen durch alle Gänge von Justitia hat nun zumindest für die Juristen in Sachen Hafenstraße das letzte Stündlein geschlagen. Die Instanzenwege sind ausgeschöpft, die Räumungsurteile haben Rechtskraft. Die Fristen, die Hamburgs Landgericht den BewohnerInnen gesetzt hat, liegen zwischen Ende Februar und Ende Mai diesen Jahres.
Jedoch – was des einen Endpunkt, ist des anderen Startschuß – nur, zu was? „Kein Kommentar“ – Bürgermeister, SPD-Fraktion, Stadtentwicklungsbehörde gebärdeten sich gestern, als gelte es Staatsgeheimnisse zu wahren. Dafür redete der Statt Partei-Abgeordnete Klaus Scheelhase, aber er sagte nichts: Die von seiner Fraktion angestrebte Suche nach friedlichen Lösungsmöglichkeiten liefe noch. „Die Bewohner haben den Auftrag, nach einer gemeinsamen Lösung mit dem Senat zu suchen“, so Scheelhase. Aber das Wörtchen gemeinsam, es setzt etwas voraus: einen Gesprächspartner.
Die SPD zu locken, bemüht sich seit geraumer Zeit die Patriotische Gesellschaft. Sie setzt auf Dialog und will Hafenstraße und SPD an einen Tisch bekommen. Bislang haben sich SPD und Senat diesem Vorhaben jedoch verweigert. „Wir wollen gar nicht für eine Seite Partei ergreifen“, wehrt Volker Dohse von der Patriotischen Gesellschaft ab, „aber Gespräche gehören doch zur Demokratie.“ Und dies nicht nur in Moskau, sondern durchaus auch in Hamburg. Allerdings, so Dohse, habe man inzwischen Signale aus der SPD vernommen, die man als Gesprächsbereitschaft deuten könne.
Gesprächsbedarf, das steht fest, gibt es reichlich: Allen voran werden sich Hamburgs SozialdemokratInnen nun wohl zu einer einheitlichen Meinung durchringen müssen. Und dies nicht nur innerhalb der eigenen Fraktion und gegenüber dem Kooperationspartner, sondern auch im Senat. Spannend, für welche Marschrichtung sich die SPD entscheiden wird. Für die Bürgermeistervariante – strammer Durchmarsch, in der Bürgerschaft den Antrag auf Räumung und Abriß stellen und in freier Abstimmung zusammen mit der CDU durchboxen? Oder die Mirowsche Variante? Abwarten und beobachten, wie duldsam die Hafenstraße die Bebauung auf dem Nachbar-grundstück hinnehmen würde?
Leichter Part hingegen für die Opposition. CDU-Fraktionschef Ole von Beust drängt zum Handeln (“Unser Räumungsantrag liegt bereits in der Bürgerschaft“), die GAL zum Verhandeln (“Die Brücke nutzen, die die Patriotische Gesellschaft gebaut hat“). Und Ex-FDP-Chef Robert Vogel: „In der Hafenstraße wohnen keine Terroristen und keine Mietpreller mehr. Wer dort mit viel Geld weniger neue Wohnungen bauen will, hat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht begriffen“.
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