Athen, bla, bla...

■ Shakespeare in Kürze: „Rose und Regen, Schwert und Wunde – Ein Sommernachtstraum“ im MOKS-Theater

Vor, vor, Wie-ge-schritt, rück, seit, an. Vor, vor, Pro-me-na-de, Abschluß, Schritt. Und dann schnell auf die Stühle an der Wand geflüchtet, mit dem nötigen Sicherheitsabstand zwischen Weiblein und Männlein. Ja, genau so war es gewesen, damals in der Tanzstunde. Ob es auch heute noch so ist, dies Ritual, das Wechselspiel von Nähe und Distanz, das Hin und Her von schmachtenden, verschämten Blicken, das innere Gefühlskomplott?

Mag sein. Beat Fäh jedenfalls, ein Schweizer Theaterautor, beginnt seine Strichfassung des Shakespearschen „Sommernachtstraums“ auf dem Tanzparkett. Und genauso tänzeln auch wir durch dieses Stück, das Beat Fäh 1989 zusammen mit dem Theater der Jugend in München als „Rose und Regen, Schwert und Wunde – Ein Sommernachtstraum“ entwickelt hat. Am Donnerstag hatte es im MOKS im Brauhaus unter der Regie von Ralf Nürnberger seine Bremer Premiere.

Was Beat Fäh darin von Shakespeares wundersamer Mainacht übrigläßt, das ist das Beziehungsgeflecht der beiden jungen Paare. Beziehungsweise der vier jungen Leute, die sich eigentlich zu jeweils zweien zusammenfinden könnten. Hermia (Eva Wilde) liebt Lysander (Ulrich Pannike) und umgekehrt. Hermia ist jedoch Demetrius (Norbert Eichstädt) versprochen, der auch nicht von ihr lassen will, obschon die schöne Helena (Angela Metzler) ihn wiederum heftigst aber vergeblich umwirbt. Vielleicht ist damit ja wirklich der Shakespearschen Verwirrung schon genug, leise Zweifel regen sich. Doch zum Glück darf auch bei Fäh der Unruhestifter Puck mit aufs Parkett. Auch hier lockt erst Tanya Häringer als kleines mephisto-schwarzes Teufelchen mit seinen Intrigen das lüsterne Tier in allen heraus. Der Rest der Geschichte jedoch muß uns kaum interessieren. Conferencier Puck: „Athen, bla bla bla, Mond, bla bla bla, Wald.“

Die vier im (antiquarischen) Sommerfrischlerkostüm exerzieren also allein auf der Bühne ihren Gefühlstaumel. Der ziemlich verhalten wirkt, und zwar nicht nur, wenn sich der liebestolle Lysander stöhnend zwischen die Beine faßt. Was bleibt ansonsten von den Turbulenzen und Gemütseskapaden dieser Nächte aller Nächte? Stühle fallen, Hermia stampft schulmädchenhaft mit den Füßen, und den Lysander treibt sein unsichtbarer Hormonstau auf Heizungsrohre und Heizkörper und die Bühnenraumwände hoch. Er ist neben Puck der einzige, dem auch mal die Gesichtszüge endgültig entgleisen, der nach Shakespeares Art auch mal nur noch herrlich blöd ist.

So ganz ohne Elfen und die anderen Gesellen braucht das Spiel der Verliebten und Verhaßten natürlich umso mehr Eigendynamik. Das karge Bühnenbild von Stephen Lambert mit den vierzehn Holzstühlen und einem alten Klavier ist da nur konsequent. Diese Mainacht jedoch lullt uns dann doch ein bißchen ein, weil sich so vieles kurz hintereinander wiederholt und dann schon gar nicht mehr aufregt. Ab und an entlockt auch diese „Komödie“ den einen oder anderen Lacher, meist aber ausgelöst durch die Übersetzung von Erich Fried, der mit Wortausfällen wie Wichser und Nutte zumindest den Text etwas näher an die Istzeit heranholt. Zum anderen hat das Friedsche Liebesvokabular aber auch viel Beschauliches an sich. Wir landen also letztlich wieder in der Tanzstunde, die das Happy-End stilgetreu und behaglich mit einem Tango beschließt. Silvia Plahl

Nächste Aufführungen: heute, 19.30 Uhr, sowie im ganzen Februar jeweils Di., Mi., Do. um 10.30 Uhr, Fr./Sa. 19.30 Uhr