: Stadtwerker machen mobil für Preag
■ Demo am Mittwoch / Betriebsräte für Preag / Handelsblatt: Stadtwerker verdienen übermäßig gut
Am kommenden Mittwoch wollen die Stadtwerke-Mitarbeiter auf die Straße gehen: Nach einer gestern angekündigten, „spontanen“ öffentlichen Betriebsversammlung auf dem Innenhof des Verwaltungs-Neubaus soll unter möglichst zahlreicher Beteiligung ein Positionspapier des Gesamtbetriebsrates und der Gewerkschaften ÖTV und DAG zum Marktplatz ziehen, um dem Bürgermeister die Forderungen der Belegschaft zu überreichen. Und die sind eindeutig: die Belegschaft will verhindern, daß die Preag gemäß den Beschlüssen der Grünen und der SPD von vornherein bei den Verhandlungen ausgeschlossen wird. Am Mittwoch tagt nämlich der Senat zum Thema Stadtwerke-Verkauf.
Der Hintergrund: Von einer Preag-Beteiligung versprechen sich die Beschäftigten am ehesten die Erhaltung ihres Tarifniveaus. Nach einer streng vertraulichen Studie des Verbandes der Kommunalen Energie-Unternehmen (VKU) liegen die Bremer Stadtwerke in ihren Leistungen weit über denen vergleichbarer Stadtwerke. Nur das Tarifgefüge großer regionaler Stromproduzenten wie das der Preag liegt noch darüber.
„Die Stadtwerke sind eine privatrechtliche Aktiengesellschaft und nicht eine Figur auf dem Schachbrett der Politik“, gibt DAG-Sekretär Frensel die Stimmung bei dem Energieunternehmen wieder. Die Arbeitnehmer wollten beim Verhandlungskonzept um den Verkauf ein Wörtchen mitreden. Die DAG hat in einem Flugblatt erklärt, daß sie die Preag bei den Verhandlungen favorisiert sehen möchte.
Einziger Pferdefuß: Während das Wibera-Gutachten den Verkaufswert der Stadtwerke auf 1,2 Milliarden taxierte, kam die Preag in einer internen Schätzung nur auf 950 Millionen. Für den Bremer Finanzsenator könnte deshalb ein Verkauf an das französische Energieunternehmen General des Eaux interessanter sein.
Aufgrund ihrer eigenen Tarifstruktur hätte die Preag auch größere Probleme, die außertariflichen Vereinbarungen der Stadtwerke infrage zu stellen. Nach der vertraulichen Studie des VKU, die ihre 30 Mitglieds-Stadtwerke miteinander verglichen hat, leben die Stadtwerker auf Kosten der Stomzahler und der Anteilseigner nicht schlecht. Nach den im „Handelsblatt“ erstmals veröffentlichten Zahlen werden allein zwei Millionen Mark im Jahr versoffen und verfeiert, so viel gibt das Unternehmen für Jubiläums-Gelage ihrer 3.000 Mitarbeiter aus. Als „Sonderzuwendungen“ laufen praktisch ein 14. und nach fünf Betriebsjahren ein 15. Monatsgehalt für jeden, 1.000 Mark im Jahr spendieren die Stadtwerke ihren Mitarbeitern und Ehemaligen als Stropmpreisvergünstigung („Werktarif“).
Solche Großzügigkeit schlägt sich nieder im Rendite-Vergleich. Obwohl die Bremer Stadtwerke - im Unterschied zu saarländischen und nordrhein-westfälischen Stromerzeugern - die billige Importkohle verfeuern können und deshalb den Strom um fünf Prozent preiswerter produzieren können, liegen die Strompreise für Haushalte und Gewerbe (ohne Sonderkunden) über denen etwa der Stadtwerke Saarbrücken. Wenn man die Verwaltungskosten mit der Zahl der Zähler vergleicht, liegen die Bremer Stadtwerke 24 Prozent über dem Stadtwerke-Durchschnitt. Eine andere Kennziffer: Die Personalkosten pro Beschäftigten (103.000 Mark) liegen um 35 Prozent über dem Mittelwert aller Stadtwerke, die Personalkosten je bezahlter Stunde (60 Mark) sogar um 56 Prozent. Dagegen ist die Umsatz-Rendite 1992 auf 3,4 Prozent gesunken. Bremen nimmt damit den drittletzten Platz im Vergleich der 30 Stadtwerke der VKU ein. Die Rendite der Stadtwerke ist aber indirekt Steuergeld: Nachdem die Stadtwerke im Klöckner-Vergleich auf unbezahlte Rechnungen verzichten mußten, machten sie dies sofort in einer Reduzierung der Konzessionsabgabe an die Stadt geltend.
Schlußfolgerung des Handelsblattes: „Angesichts dieser Fakten fürchten Vorstand wie Belegschaft den geplanten Teilverkauf der Stadtwerke und ein zur Zeit in Arbeit befindliches Bewertungsgutachten.“
Der DAG-Sekretär Frensel, Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat, findet den VKU-Vergleich der Stadtwerke einseitig: Bei anderen Stromunternehmen wie der Hastra oder etwa der Preag hätten die Arbeitnehmer durchaus vergleichbare Tarife erkämpft. K.W.
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