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Wenn zwei Geächtete sich finden

■ Libyens Gaddafi hat einen neuen Freund: Zaires Mobutu

Brüssel (taz) – Die internationale Isolation Libyens beschert Staatschef Muammar el-Gaddafi neue Freunde. Sese Seko Mobutu isolierter Diktator von Zaire, hat kürzlich mit ihm ein Ölabkommen geschlossen. Verkündet wurde die Aufnahme libyscher Öllieferungen an Zaire Ende Dezember von Baskir Saleh, im libyschen Volkskongreß für auswärtige Beziehungen verantwortlich, nach einem Besuch in Mobutus Urwaldpalast in Gbadolite.

„Die Tanker liegen bereit zur Abfahrt“, sagte er. „Diese Art Geschäft wahrt die Unabhängigkeit der Nationen gegenüber dem Diktat der Industrieländer.“ Ein belgischer Unternehmensberater präzisierte gegenüber der taz, der Deal sei vom ehemaligen Gouverneur der mineralienreichen zairischen Südprovinz Katanga, Mandungu Bula Nyati, eingefädelt worden, der im übrigen fließend deutsch spricht und mit dem verstorbenen Franz Josef Strauß exzellente Beziehungen unterhielt.

Die Überraschung ist perfekt. Noch 1985 hatte der libysche Führer über die Radiosender des zentralafrikanischen Ruanda zum Sturz des „Despoten“ Mobutu aufgerufen. Ein Jahr zuvor hatte der zairische Staatsrundfunk eine „libysche Hand“ hinter einem von prolibyschen Regimegegnern verübten Bombenanschlag auf die zairische Hauptpost ausgemacht. Mobutu revanchierte sich 1991, als mit libyscher Hilfe der Präsident des Tschad, Hissein Habré, gestürzt wurde und mehrere hundert in Tschad lebende libysche Oppositionelle ausreisen mußten: Zu Gaddafis Ärger nahm Mobutu die Libyer in Zaire auf und ließ sie dann in die Vereinigten Staaten von Amerika weiterreisen. Schon damals soll Gaddafi Mobutu Öl angeboten haben, um seine Gegner doch noch in die Hände zu bekommen – vergeblich.

Warum will Zaire, das ja selber Öl produziert, jetzt doch Einfuhren aus Libyen? Ein Grund ist, daß Italien in den 70er Jahren eine Raffinerie in Zaire baute, die dummerweise das örtliche Öl nicht verarbeiten kann. Ein anderer liegt in den sich eröffnenden Möglichkeiten interessanter Tauschgeschäfte: Öl gegen Tropenhölzer und sogar Wasserkraft. Die Afrikanische Entwicklungsbank hat die deutsche Consulting-Firma Lahmeyer beauftragt, die Möglichkeit einer Hochspannungslinie vom Inga- Staudamm in Zaire Richtung Nordafrika zu prüfen.

Die zairische Opposition ist überzeugt, daß es darüber hinaus auch um Lieferungen zairischen Urans an Libyen gehen könnte, nachdem Gaddafis Expansionsträume Richtung Tschad ja nun ausgeträumt sind. Die Oppositionszeitung Umoja spricht von einem „Geheimabkommen“ in Bezug auf die Shinkolobwe-Mine in Katanga, aus der bereits das Uran in der Hiroshima-Bombe kam. Das ist kaum glaubhaft: Die Mine wurde in den 70er Jahren von den damaligen belgischen Eigentümern geflutet, als sie verstaatlicht werden sollte. Auch Besichtigungen durch die französische Atombehörde Cogema in den 80er Jahren führten nicht zu einer Wiederöffnung. Es scheint auch wenig wahrscheinlich, daß Gaddafi und Mobutu ihren schlechten Ruf in der Welt auch noch durch gemeinsame Atomgeschäfte unterstreichen wollen würden. Die Behauptungen von Umoja sind wohl eher eine Retourkutsche auf frühere Regierungsbeschuldigungen, zairische Oppositionelle ließen sich in Libyen militärisch ausbilden.

Dennoch: Der zairisch-libysche Öldeal, von noch unbekanntem Umfang, ist Realität. Und er könnte zumindest die in Zaire herrschende Benzinknappheit beenden. Die ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß Mobutu dem Ölschwarzmarkt in Form von allgenwärtigen Straßenkindern mit Fünf-Liter-Kanistern in der Hand den Kampf angesagt hat. Die jungen Schwarzhändler heißen im zairischen Volksmund übrigens „kleine Gaddafis“. Francois Misser

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