■ Mit Olympiafinanzen auf du und du
: Nix außer Spesen

Oslo (taz) – Noch bevor in Lillehammer der erste Wettbewerb angelaufen ist, stehen die größten Verlierer dieser Winterolympiade schon fest: Norwegens SteuerzahlerInnen. 2.500 Kronen muß jeder von ihnen zu dem Spaß beitragen, da aus dem prophezeiten Gewinn- ein gewaltiges Verlustgeschäft geworden ist. Sieben bis acht Milliarden Kronen (rund 1,5 bis 1,7 Milliarden Mark) wird das Olympiaabenteuer an Verlusten einfahren. War man in Oslo zunächst von Kosten in Höhe von höchstens 1,4 Milliarden Kronen und Einnahmen von 2 Milliarden ausgegangen, wurden allein bis zum Beginn der Spiele mehr als 10 Milliarden verbraucht; die Einnahmenschätzungen haben sich dagegen kaum verändert.

Runde zwei Milliarden des Gesamtbudgets kann man in Oslo wohl zu Recht für Verbesserungen der Infrastruktur abrechnen – auch wenn dazu so zweifelhafte Posten wie elektronisch aufgerüstete Polizeitruppen gehören. Als Faß ohne Boden hat sich die 1988 aufgebaute Olympiaorganisation erwiesen, die allein eine Milliarde Kronen verschlungen hat. Die einzelnen Wettbewerbe werden weitere 3,5 Milliarden Kronen kosten. Geradezu bescheiden nehmen sich demgegenüber die Investitionen in Sportanlagen (1,6 Milliarden) oder die Kosten der Eröffnungsfeier (100 Millionen Kronen) aus. Letztere kostet damit etwa soviel, wie man insgesamt bei den Spielen an Eintrittsgeldern einnehmen wollte.

„Die gesamtgesellschaftlich positiven Effekte“ sind denn auch so ziemlich das einzige, was Olympia-Wirtschaftschef Björn Brenna seinen Landsleuten anbieten kann. In Krone und Öre niederschlagen wird sich jedoch kaum etwas, halten KritikerInnen entgegen. Wer glaubt schon, das Land werde jetzt plötzlich mehr Öl, Lachs oder Aluminium verkaufen, nur weil in Lillehammer zwei Wochen das olympische Feuer brennt? Und daß Norwegen, bislang eher ein Geheimtip für WintertouristInnen, wegen der schönen Fernsehbilder nun die Alpen als winterliches Tourismusziel ausstechen könnte, ist auch nicht zu erhoffen. Nein, es wird wohl so sein, wie Victor Norman, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule von Kristiansand es ganz nüchtern sieht: „Wir brennen hier die Milliarden ab für den Spaß, die Winterspiele organisieren zu dürfen.“

Während die drohenden Verluste fast jedes Gespräch der Einheimischen beherrschen, hoffen die Organisatoren, daß norwegische Medaillenerfolge den Ärger über die verlorenen Kronen schon schnell verfliegen lassen werden. Sollte sich das jedoch als Illusion erweisen, müssen sich die PolitikerInnen in Oslo auf unangenehme Fragen einstellen. „Und ich“, trägt sich Olympiawirtschaftschef Björn Brenna bereits mit Emigrationsgedanken, „kann dann wohl vergessen, in Norwegen jemals wieder einen Job zu bekommen.“ Reinhard Wolff