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■ Bundesanwaltschaft ermittelt gegen fünf „Einblick“- Macher / Gelder für die Broschüre kamen aus Chile

Wegen des Verdachts der Herstellung und Verbreitung der Neonazi-Broschüre Der Einblick sowie wegen Mitgliedschaft in rechtsextremen kriminellen Vereinigungen ermittelt die Bundesanwaltschaft (BAW) in Karlsruhe gegen fünf Personen. Wolfgang K. aus Rüsselsheim soll der Rädelsführer sein. Er ist derzeit in Untersuchungshaft. Die anderen vier, die dem inneren Kreis der bundesdeutschen Neonaziszene angehören, sind auf freiem Fuß.

Vor gut zwei Monaten wurde Der Einblick über ein dänisches Postfach verbreitet. Darin, auf 40 Seiten, Namen und Anschriften der politischen Gegner. Bei einer Durchsuchung nahm die Polizei den 25jährigen Wolfgang K. letzte Woche fest. Ihm wird vorgeworfen, alle Texte und das Vorwort verfaßt zu haben. Im Gegensatz zu den anderen vier Verdächtigen ist Wolfgang K. unbekannt.

Im oberfränkischen Rodach durchsuchte das bayerische Landeskriminalamt die Wohnung des Rechtsextremisten Eberhard Hefendehl. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Hefendehl gibt seit acht Jahren in seinem „ODAL-Verlag“ die offen rassistische und antisemitische Postille Der Scheinwerfer heraus. Der 63jährige soll auch die ersten 500 Exemplare des Einblicks gedruckt haben. Hefendehl verfügt innerhalb der bundesdeutschen Naziszene über beste Kontakte. Er arbeitet eng mit dem Kronacher Kader der militanten „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ (GdNF), Kai Dalek, zusammen, der sich rühmt, Linke im Vorfeld der „Rudolf-Heß-Gedenkmärsche“ und das Nürnberger Jugendzentrum „KOMM“ ausgespäht zu haben.

Als Autor für den Scheinwerfer konnte Hefendehl nicht nur den verurteilten Rechtsterroristen Manfred Roeder und den ehemaligen Vorsitzenden der nordrhein- westfälischen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP), Erhard Kemper, gewinnen, sondern auch den Hamburger Christian Worch, Chef der GdNF und führender Kopf der Hamburger „Nationalen Liste“ (NL). Über die NL-Postille Index beteiligt sich Worch federführend an den Anti- Antifa-Aktivitäten. Über Hefendehl wurde auch die Zeitung der „Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene“ (HNG) vertrieben, die regelmäßig eine Anti- Antifa-Seite enthält.

Auch international ist Hefendehl im Geschäft. Die österreichische Geschäftsstelle des Scheinwerfers leitet Otto-Rudolf Braun. Er publiziert in der Bauernschaft, die von dem nach Dänemark geflüchteten Neonazi Thies Christophersen herausgegeben wird. Der Scheinwerfer wird nicht nur in Europa, sondern auch in Südafrika, Namibia, USA, Kanada, Australien, Argentinien und Chile vertrieben. Im vergangenen Frühjahr bereiste Stefan Cumic, 23, aus Wiesbaden Chile. Dort soll er Geld für die Herausgabe einer Anti-Antifa-Broschüre gesammelt haben. „Ich war die letzten 2 1/2 Monate selbst im Ausland (bei Auslandsdeutschen in Chile und Argentinien), um für die Idee des Einblick auch international zu werben“, schreibt er am 24. 5. 93. Dieses Bekenntnis liegt der BAW vor.

Cumic, gegen den die Bundesanwaltschaft jetzt als Mitglied einer rechtsextremen kriminellen Vereinigung ermittelt, hatte schon im September 1992 in der GdNF- Postille NeueFront-Widerstand die Herausgabe des Einblicks angekündigt. Daraus wurde jedoch nichts.

Statt dessen gab das „Nationale Infotelefon“ (NIT) in Mainz regelmäßig Postfachadressen von regional operierenden Anti-Antifa- Gruppen bekannt und rief zum Sammeln von Material auf. Hinter dem NIT verbergen sich die Neonazis Michael Petri (21) und Sascha Chaves (21) aus Mainz. Gegen Petri, ehemals Funktionär der verbotenen „Deutschen Alternative“ und jetzt Bundesvorsitzender der neu gegründeten „Deutschen Nationalisten“, und Chaves hatte die BAW schon Anfang Dezember unter dem Verdacht, am Einblick mitgewirkt zu haben, im Visier. Nach Wohnungsdurchsuchungen wurden beide festgenommen. Thomas Köller

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