Zu früh geklatscht

■ Zwiespältige Weltpremiere im Theater für Kinder: „Der kleine Hobbit“ von J.R.R. Tolkien

Feuerspeiende Drachen und mystische Zauberer, listige Zwerge, märchenhafte Elben und die Jagd auf einem mächtigen Ring: Mit seinem über tausend Seiten starken Buch über den Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen in einer selbst erfundenen Märchenwelt Mittelerde „Der Herr der Ringe“ wurde der Oxford-Professor J.R.R. Tolkien in den 50er Jahren weltberühmt. Mit diesem stark an die nordische Mythologie angelehnten Werk begründete Tolkien sogar ein ganzes Genre: die Fantasy-Literatur. Die weit weniger bekannte Vorgeschichte zu diesem Wälzer, „Der kleine Hobbit“, wurde jetzt vom Altonaer Theater für Kinder auf die Bühne gebracht.

Bilbo Seutling (Marcus Prell), der „kleine“ Hobbit, mag es eigentlich eher gemütlich. „Wir sind ruhige Leute, wir brauchen keine Abenteuer“, antwortet er, als der Zauberer Gandalf (Rolf E. Schenker) ihn bittet, dem fiesen Drachen Smaug (Wolfgang Bott) einen Schatz abzujagen. Denn das Gold, wertvolle Juwelen und andere Kostbarkeiten gehören eigentlich dem Zwergenvolk. Natürlich gelingt es Gandalf und den Zwergen, Bilbo Beutlin, den „Meisterdieb“, zu überreden.

Das Risiko ist hoch, die Belohnung aber auch, verlocken die Zwerge. So ziehen sie gemeinsam zum einsamen Berg, in dem der Zwergenschatz verborgen ist. Auf dem Weg dahin müssen sie zahlreiche Abenteuer bestehen. Der kleine Hobbit ist sich zwar nicht immer ganz sicher, ob er sich wirklich den Gefahren stellen sollte, „ich muß zurück, ich hab' kein Taschentuch dabei“, sagt er einmal ängstlich, doch Bilbo Beutlin hält durch.

Dabei geht's manchmal sogar ziemlich brutal zu: Als unsere Helden den finsteren Orks begegnen, wird einer dieser Kannibalen vom Zwergenführer Thorin Eichenschild (Hans H. Rückert) mit einem einzigen Schwerthieb gespalten. Zum Schluß ist Thorin jedoch derjenige, der sein Leben lassen muß - ermordet vom Volk der Elben.

Trotz einer märchenhaften Bühnendekoration (Angerer der Ältere) gelingt es Regisseur Andreas Franz leider nicht, die komplexe Geschichte in die gebotene Einfachheit zu übertragen. Zu schwerfällig die Sprache (trotz eingestreuter Witze, die auch noch den bitteren Beigeschmack hinterlassen, sie seien an die Erwachsenen gerichtet), zu undurchsichtig die Szenen und wenig pfiffige Einlagen in der gesamten Inszenierung.

Man merkte den jungen Zuschauern am Donnerstag an, daß sie gar nicht wußten, worum es geht. Da wurde gequengelt, gealbert und zu früh geklatscht: „Ist das Stück zu Ende?“, fragten einige, nachdem der Drache tot war. Selbst die 13jährige Sarah hatte Schwierigkeiten: „Ich komm gar nicht mit. Das ist doof.“ Empfohlen ist die Aufführung ab 4 Jahre.

Doch den Regisseur trifft die Schuld nicht alleine. Das Theater für Kinder weist dringend darauf hin, jedes Stück vorher mit den Kleinen zu besprechen. Diesen Rat hatte am Premierennachmittag offensichtlich kaum jemand befolgt.

Andrew Ruch