Gastkommentar: Räumung, Recht & Rache
■ Von Robert Vogel
Wenn das Verfassungsgerichts-Urteil Hamburg tatsächlich zur Räumung der Hafenstraße berechtigen sollte, so wäre die Stadt deshalb nicht verpflichtet zu räumen. Die ehemaligen Besetzer der Hafenstraße sind heute Mieter und schon lange keine Stromdiebe mehr. Für ein RAF-Quartier am Hafenrand gab es zu keiner Zeit ernst zu nehmende Anhaltspunkte. Bekanntlich hielt es die RAF auch mehr mit der Stasi.
Der Revierführer der Davidswache hat unlängst erklärt, daß von der Hafenstraße nicht mehr Kriminalität ausgeht als von dem übrigen Stadtteil. Wer rechtsfreie Räume in Hamburg schließen will, muß das Morden auf St. Pauli beenden oder den Drogenhandel in St. Georg unterbinden. Wer Recht und Ordnung Geltung verschaffen will, muß die Bürger vor Gewalt auf der Straße schützen. Die Hafenstraße ist in diesem Zusammenhang überhaupt kein Problem. Ob Hamburg sich die Hafenstraße leisten kann, steht mittlerweile außer Frage. Man kann - und zwar ganz gut. Heute heißt die Frage, ob man sich Räumung und Abriß noch erlauben kann. Die Pläne der Stadt sind teurer und städteplanerisch schlechter als die Vorschläge, die von der Hafenstraße mit dem ronommierten Architekten Prof. Baller zur Sanierung der Häuser und Schließung der Baulücken am Hafenrand vorliegen.
Vernünftig wäre eine Räumung nicht. Es wäre ein Akt staatlicher Rache. Nur wen soll so teuer Zorn in der Hafenstraße treffen? Die, die den Ärger einst provozierten, scheinen unbekannt verzogen.
Robert Vogel, Immobilien-besitzer, war bis Herbst 93 Chef der Hamburger FDP
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