Australische Indianer-Spiele an der Elbe

■ Die Suche nach einer neuen SPD-ChefIn für Hamburg wird immer verwirrender

Was macht eine junge Demokratie, wenn sie nicht mehr weiter weiß? Sie holt sich Rat. Zum Beispiel bei einer alten, erfahrenen Demokratie. Ein Genosse aus Schleswig-Holstein brachte Hamburger Sozis, derzeit verzweifelt auf der Suche nach einem Wahlverfahren für eine SPD-LandeschefIn, auf eine ganz neue Fährte: In Australien hat sich ein Verfahren zur Auswahl von WahlkreiskandidatInnen bewährt, das nun den noch 18.000 Hamburger SozialdemokratInnen ein wenig Mitsprache bei der Häuptlingswahl verschaffen soll.

Abgestimmt wird dort nach einer Art „Einlaufwette“: Jede WählerIn ordnet die KandidatInnen in ihrer persönlichen Rangfolge von Platz 1 abwärts. Vorteile dieses Verfahrens: Die Zahl der KandidatInnen kann sehr groß sein, die Ergebnisse sind meist absolut eindeutig, die WählerInnen können sich abgestuft zu mehreren KandidatInnen verhalten. Ganz anders der bislang erste SPD-Basiswahl-Versuch, als Rudolf Scharping seine KontrahentInnen Wieczoreck-Zeul und Schröder nicht zuletzt deshalb abhängen konnte, weil sich die linken Stimmen zwischen den beiden aufteilten.

Ob die künftige Hamburger SPD-ChefIn wirklich nach dem Aussie-Verfahren gekürt wird, steht allerdings noch nicht fest. Die SPD-Parteistatuten lassen eine echte Mitgliederbefragung nämlich nicht zu. So konnte der SPD-Landesvorstand am vergangenen Freitag nur eine Hilfskonstruktion empfehlen: Der SPD-Landesparteitag am 26. Februar soll eine Mitgliederbefragung (mitsamt Verfahren) beschließen und Ende April dann auf einem weiteren Parteitag „im Geiste“ des Befragungsergebnisses entscheiden.

Neben dem Aussie-Modell (per Briefwahl) ist noch der Ringelpietz einer Reihe von „Regionalkonferenzen“ im Gespräch, in der, so die Idee der Linken (Kreis Nord & friends), basisdirekt vorgestellt und abgestimmt werden soll. Wie auch immer: Eine offene Bewerberliste (KandidatInnen können sich selbst aufstellen) und echte Mitgliederbeteiligung, so zeichnet sich schon jetzt ab, dürften das Markenzeichen der neuen Häuptlingswahl werden. Alte ParteiindianerInnen lassen sich davon nur wenig beeindrucken. Hinter den Kulissen wird gemauschelt wie in den guten alten Zeiten: KandidatInnen sammeln Delegiertenstimmen und legen Fußangeln für vermeintliche GegnerInnen. Das allerdings könnte sich als sinnlos herausstellen, wenn diesmal wirklich die Mitglieder entscheiden. Überraschungen jedenfalls, so freuen sich einige, sind endlich nicht mehr ausgeschlossen. Florian Marten