Öresund: Greenpeace wird zum Tunnelbauer

■ Grüne AG soll Tunnel statt Brücke von Dänemark nach Schweden bauen

Stockholm (taz) – In das Hin und Her um den Bau einer Öresund-Verbindung zwischen Dänemark und Schweden hat sich ein ganz neuer Interessent eingeschaltet. Die Greenpeace-Sektionen aus Dänemark und Schweden haben Ende letzter Woche eine gemeinsame Aktiengesellschaft gegründet. Zweck der „Greenlink AG“ ist laut dem Vorstandsvorsitzenden Mats Abrahamsson der Bau eines Eisenbahntunnels unter dem Öresund zwischen Kopenhagen und Malmö. In einem Monat sollen den Behörden beider Länder die Pläne zur Genehmigung vorgelegt werden.

Der Bau soll privat finanziert werden; die investierten Gelder sollen durch Benutzungsgebühren wieder zurückfließen. Kosten: Etwa zehn Milliarden Kronen (2,1 Milliarden DM) und damit deutlich weniger als das derzeit gestoppte „offizielle“ Brückenprojekt. Das Problem von „Greenlink“: Noch fehlen die Finanziers. Greenpeace will dabei nicht unbedingt selbst Eigentümer des Tunnels werden. Kontakte wurden nach Abrahamssons Angaben bereits mit den Bahngesellschaften der beiden Länder geknüpft, mit Banken und anderen möglichen Finanziers, die man aber noch nicht nennen will.

Im Prinzip greift Greenpeace eine Idee einiger schwedischer Industriekonzerne aus den achtziger Jahren auf. Diese wollten auf eigene Kosten eine Öresundverbindung bauen und nach Abzahlung durch Benutzungsgebühren dem Staat schenken. Ein Projekt aber auch, daß sich nach Meinung vieler ExpertInnen nicht rechnet. Schon gar nicht, solange der Bau einer Autobrücke zur Diskussion steht.

Vorsichtshalber will Greenlink auch alternativ einen Bahntunnel zwischen Helsingborg und Helsingör, der engsten Stelle des Öresunds, prüfen. Die Durchfahrt läge dann allerdings jeweils 50 Kilometer nördlich der Bevölkerungszentren Malmö und Kopenhagen. Hintergrund des Greenpeace- Plans ist die Befürchtung, die jetzt projektierte Brückenverbindung werde zu irreparablen Schäden im Ökosystem der Ostsee führen, weil sie den Frischwasserzufluß aus dem Atlantik behindert. Juristische Probleme sieht Abrahamsson nur in Dänemark. Das dortige Folketing hat den Brückenbau bereits in Form eines Gesetzes verabschiedet und müßte für die Genehmigung des Tunnels das Öresund- Gesetz mehrheitlich wieder aufheben. Reinhard Wolff