Herzog contra Hafenstraße

■ Klage der Bewohner wird nicht befaßt

Hamburg (taz) – Justizia hat abgewunken, sie wirft den Ball wieder Hamburgs PolitikerInnen zu. Am Wochende sickerte durch, daß das Karlsruher Bundesverfassungsgericht (BVG) sich nicht mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Räumung der Hafenstraße befassen will. Zwar verwies der BVG-Sprecher zunächst noch auf die offizielle Verkündung Ende dieser Woche, doch schließlich räumte er ein, daß die Kammer (Vorsitzender: Roman Herzog!) entschieden habe. Damit wären die Räumungstitel gegen die rund hundert BewohnerInnen rechtskräftig.

Doch ein Richterspruch macht noch keine Räumung – zumindest laut Hamburgs Regierungsvertrag. In dem schrieben SPD und Statt Partei nämlich fest, daß der Räumung ein Beschluß der Hamburger Bürgerschaft vorausgehen soll. Und auch, daß die Statt Partei der Räumung „jedenfalls solange nicht zustimmen will, bis weitere in Betracht kommende Lösungsversuche zur Vermeidung einer etwaigen Eskalation erfolglos geblieben sind“. Doch wenn es hart auf hart kommen sollte, braucht Räumungsbetreiber und Bürgermeister Henning Voscherau die sieben Stimmen seines Koalitionspartners nicht – die Große Koalition würde es schon richten. Doch sicher scheint auch: Voscherau verliert auf seinem Räumungskurs Gefolgschaft. Zwar leiden die SozialdemokratInnen in der Hansestadt beim Stichwort Hafenstraße regelmäßig unter spontanem Blackout, doch im Senat scherten in den vergangenen Wochen bereits zwei Senatoren aus der offiziellen Linie. Zunächst Innensenator Werner Hackmann – er hatte dem Bürgermeister vorgeschlagen, daß die Stadt den BewohnerInnen zwei der acht Häuser überlassen und nur den Rest abreißen solle. Doch er schmierte ab. Dann Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow: Er ließ auf einer Diskussionsveranstaltung durch seinen Oberbaudirektor überbringen, die Hafenstraße solle doch die Bebauung auf dem Nachbargrundstück friedlich erdulden, solange werde man nicht über Abriß reden. Ein Stillhalteabkommen als Bewährungsprobe, diese Linie scheint man auch in der Statt Partei zu favorisieren. Wie und wann sich die Regierungspartner des explosiven Restbestands annehmen werden, ist noch völlig unklar. Sannah Koch