„Lohnraub“ beim Bauer-Verlag?

■ „Hörfunk“-Redakteure sollen auf 800 Mark verzichten / Betriebsrat: „Angriff auf Besitzstand und Tarifverträge“ Von Kai von Appen

„Heute ist Rosenmontag, aber hier gibt es nichts zu lachen!“ Betriebsrat Guntram Döker bringt die Stimmung beim Heinrich Bauer Verlag auf den Punkt. Nach Protesten wegen der Einstellung der Zeitschrift „Neue Mode“ Ende vorigen Jahres hängt der Haussegen erneut schief. Grund: Das Management plant nach Informationen des Betriebsrates bei den sogenannten „Hörfunk“-RedakteurInnen Kürzungen der Gehälter um 800 Mark. 60 MitarbeiterInnen versammelten sich gestern aus Protest vor dem Verlagshaus. Döker: „Die Geschäftsleitung will ein Exempel statuieren, um geltende Tarifverträge zu unterlaufen.“

18 RedakteurInnen arbeiten derzeit im „Programmzeitschriftenverlag - Abteilung Hörfunk“ – eine selbstständige Firma im Bauer-Komplex an der Burchardstraße. Arbeitsgebiet: Herstellung der Rundfunkprogramme für die Bauer-Flaggschiffe „TV Hören und Sehen“ sowie „TV Movie“.

Fast alle MitarbeiterInnen kommen aus der Ex-Technik der Firma „Bauer Druck Köln“ (heute: „Herstellungs KG“) und waren früher sogenannte „Fachkräfte der Drucindustrie“ – also Setzer. In einem wochenlangen Arbeitskampf hatte die Gewerkschaft IG Druck und Papier mittels des sogenannten „Rastertarifvertrags“ 1985 durchgesetzt, daß Setzer, deren Arbeitsplätze entfallen, weil Reedaktionssysteme die Satz-Terminals ersetzen, auf bestimmte Redakteursarbeitsplätze umgeschult werden.

Die Bauer Verlagsleitung argumentiert nun, daß die Abteilung zu teuer arbeite. Verlagssprecher Klaus Bönig: „Wir machen uns Gedanken über eine Neu-Organisation der Abteilung Hörfunk und einer besseren Vermarktung.“ Zur Untermauerung ihrer Spar-Position präsentierte die Chefredaktion jüngst den Kostenvoranschlag einer Berliner Firma, die den Programmteil angeblich für ein Drittel des Preises herstellen kann. Wenn die Mitarbeiter nicht auf 800 Mark ihres Gehaltes verzichten würden, so wuden einigen laut Betriebsrat mitgeteilt, werde über eine Stillegung der Abteilung und Auslagerung der Arbeiten nachgedacht. Im Klartext hieße das: Die Beschäftigten würden gefeuert.

Der Lohnabbau soll anscheinend über ein Konstrukt erfolgen: So stellt das Management kurzerhand in Frage, ob es sich bei den „Hörfunk“-Tätigkeiten überhaupt um Redakteursarbeit handele, denn schließlich fehle die journalistische Komponente wie etwa Recherche. Laut Tarifvertrag ist für die Bezeichnung Redateur nur entscheidend, daß jemand an der Erstellung eines veröffentlichungsreifen Textes mitwirkt.

Für den Betriebsrat steckt daher auch mehr dahinter. Guntram Döker: „Wer behauptet, einen derartige Programmteil mit dieser Qualität auf dem freien Mark zu bekommen, der lügt!“ Es gehe vielmehr darum, einen Angriff auf die Besitzstandssicherung vorzunehmen und geltende Tarife zu unterlaufen. Wenn der Verlag mit seinen Plänen durchkäme, müßten auch andere Bereiche mit „Lohnraub“ rechnen.

Verlagssprecher Klaus Bönig bezeichnet die Vorwürfe allesamt als „ungelegte Eier“ und „Spekulationen“. Offiziell wolle der Verlag noch keine Stellungnahme abgeben, aber er versichere, daß es bei den verlagsinternen Beratungen nicht darum ginge, Tarifverträge zu unterlaufen. Bönig: „Es ist im Moment noch keine Entscheidung gefallen.“