Keine Feier mit den Russen

■ US-Botschafter Holbrooke: Kein gemeinsamer Abzug mit russischen Truppen / Pariser-Platz-Pläne / Bill Clinton kommt

Eine gemeinsame Verabschiedung der Westalliierten und der russischen Truppen rückt in immer weitere Ferne. Die russischen Verbände hätten nach den Grundlagen des Zwei-plus-vier-Vertrages als erste Deutschland zu verlassen, machte gestern der US-Botschafter in Deutschland, Richard C. Holbrooke, die Position der amerikanischen Regierung deutlich. Dies sei bei den damaligen Verhandlungen über die deutsch-deutsche Wiedervereinigung auch von der Sowjetunion vereinbart und von der russischen Regierung als deren Nachfolger bestätigt worden.

Auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) wiederholte gestern noch einmal seine Ablehnung einer gemeinsamen Zeremonie. Unabhängig von den „Zwischentönen der einen oder anderen militärischen Angehörigen“, herrsche in diesem Punkt Einigkeit zwischen den beteiligten Regierungen. Diepgen wollte nicht ausschließen, daß im Rahmen von kulturellen Veranstaltungen für die Berliner Bevölkerung auch Amerikaner, Briten, Franzosen und Russen gemeinsam „Zeichen für die Zukunft“ setzen könnten. Ansonsten aber müsse auf den „geschichtlichen Unterschied“ hingewiesen werden. Es sei etwas anderes, ob man mit „freundschaftlichen Gefühlen“ auseinandergehe oder von einem Freund verlassen werde, der einem 40 Jahre lang zur Seite gestanden habe, übte sich Diepgen gestern in historischer Analyse.

US-Botschafter Holbrooke zeigte sich gestern als Meister der leisen Untertöne. Nicht müde wurde er, die besonderen Beziehungen zwischen seinem Land und Berlin hervorzukehren. Eine „neue Tradition“ werde nun eingeläutet, weg von der Sicherheitsebene, hin zu Kultur und Handel. An optimistischen Ankündigungen mangelte es nicht. Ein Business-Information-Center werde bald im Amerikahaus eröffnet. Und im September soll in Berlin eine hochrangige Konferenz, an der unter anderen Ex-Außenminister Henry A. Kissinger teilnimmt, die Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen ausloten. Der Höhepunkt des gestrigen Geschenkkorbes: US-Präsident Bill Clinton will nach dem G-7-Gipfel in Neapel zwischen dem 10. und 12. Juli der Hauptstadt einen Besuch abstatten.

Begleitet wurde der US-Botschafter von den Chefarchitekten des amerikanischen Außenministeriums, um mit Eberhard Diepgen und den zuständigen Berliner Behörden über den Neubau der US-Botschaft auf dem altangestammten Gelände am Pariser Platz zu diskutieren.

Eine endgültige Entscheidung, so US-Diplomat Holbrooke, sei noch nicht getroffen. Ein freistehendes Gebäude schloß er allerdings aus. Der Pariser Platz sei einer der herausragendsten Orte in Deutschland. Ein Wiederaufbau der US-Botschaft müsse sich daher in das Stadtbild einfügen. sev