Zeitvergleiche, Systemvergleiche

■ “...auch deutsche Kunst“ Teil II im Kunstforum der Grundkreditbank

Derzeit gastiert wieder das Museum Junge Kunst aus Frankfurt/ Oder in Berlin. Nachdem letzten Herbst in dem ersten Teil der Ausstellung „...auch deutsche Kunst“ im Kunstforum der Grundkreditbank Gemälde und Plastiken der Zeit zwischen 1945 und 1979 gezeigt wurden, sind jetzt Arbeiten der achtziger Jahre bis heute zu sehen. Die Einteilung mag willkürlich erscheinen, ist aber den beengten räumlichen Verhältnissen in der Rotunde des Kunstforums geschuldet.

Gegründet wurde das Frankfurter Museum, damals noch „Galerie Junge Kunst“, im Jahr 1965. Mittlerweile ist die Sammlung, deren angestammtes Domizil im gotischen Rathaus der Stadt gerade umgebaut wird und die bis auf eine Ausnahme (die Bilder des Mainzer Pop-art-Malers Hans Ticha) aus Werken von KünstlerInnen der ehemaligen DDR besteht, auf über 11.000 Gemälde und Plastiken, Grafiken und Zeichnungen angewachsen. Und da der Rahmen der Ausstellung nun schon abgesteckt ist, bieten sich deutsch-deutsche Vergleiche an. Zeitvergleiche, Systemvergleiche, immer noch.

Dabei schneiden die hier vorgestellten 60 „Ostler“ nicht schlecht ab – läßt man außer acht, daß bestimmte Strömungen wie beispielsweise die Konzept-Kunst in der Frankfurter Sammlung bisher völlig unberücksichtigt geblieben sind. Aber auch so wird einmal mehr deutlich, daß in der DDR die verschiedensten Kunstrichtungen nebeneinander existierten. Ein Eindruck, der sich durch den Ausstellungsaufbau an der Budapester Straße noch verstärkt. Kaum einer der Teilnehmer, die meisten davon aus der Generation der Dreißig- bis Vierzigjährigen und inzwischen feste Größen in der neu-bundesrepublikanischen Kunstszene, ist mit mehr als einer Arbeit vertreten.

Die bekannten, an Impressionismus, Expressionismus oder der Neuen Sachlichkeit geschulten figurativen Positionen werden ergänzt durch die gestische Malerei von Max Uhlig oder Hartwig Ebersbach, durch raumgreifende Bildobjekte von Hans Scheuerecker, die großformatigen Op-art- Zeichnungen von Karl-Heinz Adler oder eine archaisch wirkende Installation von Kaeseberg. Hans- Hendrik Grimmling malt wie Marcus Lüpertz, nur freier und gewaltiger, sein Kollege Clemens Gröszer wie die kritischen Realisten, nur delikater.

Man begegnet einer der wuchtigen Schlachthausszenen von Jürgen Wenzel oder einem grellen, aus der Intensität der reinen Farben leuchtenden Bild Strawaldes. Von dem Berliner Klaus Killisch, neben Kaeseberg und den Brüdern Nicolai einer der Shooting-Stars der neudeutschen Kunstszene, stammt der „Raucher“ von 1987.

Aber die Sammlung hat auch Schwachstellen, die Skulpturen von Rolf Biebl etwa, die Gemälde von Volker Stelzmann oder die Plastiken des unentschlossen wirkenden Frank Seidel. Gänzlich fehlen die Dresdner Autoperforations- und Aktions-Künstler, Via und Pina Lewandowski, e. Twin Gabriel oder der Berliner Micha Brendel. Der Makel sollte sich beheben lassen. Ansonsten kann man es mit dem Bildhauer Hans Scheib halten: „Auch wenn es heute nicht gerade leicht ist, die Schablonen von Ost- oder Westkünstler zu zerbrechen, nötig wär's.“ Ulrich Clewing

„...auch deutsche Kunst“ Teil II, bis 27. 2., täglich 10-20 Uhr, Kunstforum der Grundkreditbank, Budapester Str. 35, Charlottenburg.