■ In Bayern ist man halt Mensch: Streibl traf Schönhuber
: Feuchtwanger läßt grüßen

Die Kanzleiaffäre von CSU-Umweltminister Gauweiler, zürnte der Generalsekretär der bayrischen Staatspartei, Erwin Huber, hänge der Partei bereits an „wie die Krätze, die man nicht mehr los wird“. Am Wochenende ist nun noch ein Geschwür dazugekommen. Nach dem Sofa-Plausch im oberbayrischen Wildsteig, wo der geschaßte Ex-Ministerpräsident Max Streibl gemütlich mit dem Ober-Rep Schönhuber zusammensaß, wird die CSU nun den Verdacht nicht los, ihre verbalen Tiefschläge gegen die „verfassungsfeindliche“ Konkurrenz seien so ernst gar nicht gemeint. Ein bösartiger Verdacht, geben sich Edmund Stoiber und sein Wadenbeißer aus dem Innenministerium, Beckstein, doch alle Mühe, durch persönliche Glaubwürdigkeit auf der einen und stramme rechte Programmatik auf der anderen Seite, die illegitimen Kinder des großen Franz Josef aus dem Landtag und Bundestag herauszuhalten. Wer glaubt, sie täten dies nur zum Schein und ohne wirkliche Ernsthaftigkeit, tut ihnen sicher unrecht.

Allein: Politik, zumal bayrische, funktioniert nicht so. Außer dem Landtagsplenum, dem Platz vor der Kamera und den jeweiligen Parteigremien, existiert immer noch ein anderes politisches Terrain. Bis heute gibt es keine bessere Beschreibung dieser politischen Lokalitäten als in Lion Feuchtwangers Roman „Erfolg“. Man kennt sich halt, und außer Politiker zu sein ist man schließlich auch noch Mensch. Schönhuber gehört seit seiner Zeit als Chefredakteur beim Bayrischen Rundfunk dazu. Was ist denn schon dabei, hat der so unselig aus dem Amt gejagte Max sich gedacht, mit dem Franz mal wieder einen Kaffee zu trinken? Hat man ja früher schließlich auch oft gemacht und war doch immer ganz nett. So abwegig ist das schließlich auch nicht, was der Schönhuber da erzählt.

Sicher, Streibl hat in der CSU nicht mehr viel zu melden, und das Treffen, da hat Parteichef Waigel wahrscheinlich nicht gelogen, diente nicht der Absicherung eines strategischen Schwenks, sondern war „rein privat“. Das Problem ist denn auch kein verschwörungstheoretisches, sondern ein kulturelles. So wie Max mit Franz mal Kaffee trinkt, werden die allermeisten CSUler keine Probleme haben, mit dem Rep von nebenan ein Bier zu heben. Über kurz oder lang stellt sich da natürlich die Frage, warum die beiden im Stadtparlament oder im Landesparlament oder im Bundesparlament ewig so tun sollen, als wären sie sich spinnefeind. Aus diesem Grund – und daran hat Streibl uns erinnert – wuchert der Verdacht gegen die CSU immer weiter, sosehr Stoiber sich auch bemüht, den gegenteiligen Anschein zu erwecken. Jürgen Gottschlich