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■ Karlsruher Haftbefehl wegen Beihilfe zum VölkermordHangmen also die

Einen Ausländer für im Ausland begangene Straftaten zu verfolgen ist nach der traditionellen Aufgabenstellung des Strafrechts nur angängig, wenn inländische Rechtsgüter auf dem Spiel stehen oder wenn es gilt, international operierenden Verbrecherbanden das Handwerk zu legen. Die Bestimmung des 220a des Strafgesetzbuches, der den Völkermord unter Strafe stellt, geht weit über diesen Rechtshorizont hinaus. Sie ist Baustein eines nur in Rudimenten existierenden internationalen, humanitären Völkerrechts, und ins StGB gelangte sie 1954, nachdem die Bundesrepublik die Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermords von 1948 ratifiziert hatte.

Bis zum Haftbefehl des Bundesgerichtshofs gegen den bosnischen Serben, der von seinen Opfern als einer der Folterer des Konzentrationslagers Omarska identifiziert worden ist, hat es meiner Kenntnis nach keinen einzigen Anwendungsfall des Völkermord- Paragraphen in der Bundesrepublik gegeben. Dies, obwohl einige für die Menschenrechte engagierte Politiker und Intellektuelle wie Freimut Duve oder Tilman Zülch seit 1992 dafür eintreten, endlich die existierenden innerstaatlichen Strafbestimmungen anzuwenden, statt nur über die Schwierigkeiten einer internationalen Strafverfolgung zu lamentieren.

Der Haftbefehl der Karlsruher Staatsanwälte wird zweifellos eine Reihe negativer Reaktionen provozieren. Es wird, trotz einer Fülle von glaubwürdigen Zeugenaussagen, geltend gemacht werden, daß nicht genügend Beweise für die Mord- und Folterpraxis in Lagern wie dem von Omarska vorlägen. Das unsägliche, in der taz kritisierte Dossier der Schweizer Weltwoche weist einer solchen Argumentation die Richtung. Zum zweiten wird Peter Glotz seine Lieblingsthese variieren, wonach Morde und Vergewaltigungen von jeder der „Kriegsparteien“ im ehemaligen Jugoslawien verübt würden, es mithin unzulässig sei, nur bosnische Serben vor Gericht zu zitieren. Schließlich wird man, vor allem seitens gußeiserner Linker, den Staatsanwälten Heuchelei vorwerfen, weil sie in zahlreichen Fällen, wo Völkermörder sich in Deutschland aufhielten, untätig blieben. Übergeordnete (meist ökonomische) Interessen hätten die Strafverfolgung eben nicht ratsam erscheinen lassen.

All diese Argumentationen übersehen eine simple Tatsache: Wer sich an wehrlosen Menschen vergeht, tut das in der Regel, weil er sich sicher wähnt. Sicher konnten sich die Folterer und Mörder auch noch dann fühlen, wenn ihr Name auf der Verbrecherliste einer der internationalen Ermittlungs-Agenturen auftauchte. Abschrecken kann nur die konkrete Strafverfolgung. Sie ist auch ein Präjudiz, geeignet, Richtern und Staatsanwälten den Rücken zu stärken, wenn sie in anderen Fällen gegen die Täter, Anstifter und Gehilfen des Völkermords vorgehen wollen. Christian Semler

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