Serben wollen Nato-Beschluß umgehen

Waffen werden zurückgezogen, aber nicht der Unprofor unterstellt / Bei Sitzung des Sicherheitsrats der UNO soll nicht über die Entmilitarisierung Sarajevos diskutiert werden  ■ Aus Genf Andreas Zumach

In New York ist am Montag abend der UNO-Sicherheitsrat zu seiner schon länger anberaumten „offenen“ Sitzung zur Lage in Bosnien-Herzegowina zusammengetreten. Bei dieser Sitzung haben nicht nur die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats, sondern alle UNO- Staaten Teilnahme- und Rederecht. Beschlüsse können auf „offenen“ Sitzungen jedoch nicht gefaßt werden. Bis gestern mittag hatten bereits die UNO-Botschafter von über 40 Ländern ihr Erscheinen und einen Redebeitrag angekündigt. Die Sitzung des obersten UNO-Gremiums war unmittelbar nach dem Massaker von Sarajevo vom vorletzten Samstag von zahlreichen Staaten des Südens beantragt worden, darunter vor allem von islamischen Ländern.

Rußland, das letzte Woche zunächst eine formale Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates beantragt hatte, um dort durch ein Veto die Ausführung des Nato-Beschlusses über Luftangriffe zu verhindern, hatte nach dem Rückzug dieses Antrages eine Sitzung zum Thema „Entmilitarisierung Sarajevos“ verlangt. Beobachter bezweifelten allerdings, daß dieses Thema auf der „offenen“ Sitzung zur Sprache kommen wird. Als Teil eines künftigen Bosnien-Abkommens wurde in Genf bereits im September letzten Jahres eine detaillierte Vereinbarung über die Entmilitarisierung der bosnischen Hauptstadt und ihre zweijährige Unterstellung unter UNO-Verwaltung ausgehandelt. Lediglich wenn diese Vereinbarung bereits vor einer umfassenden Bosnien-Regelung in Kraft gesetzt werden sollte, müßte der UNO-Sicherheitsrat hierüber eine Entscheidung treffen. Ein Beschluß gefaßt werden müßte außerdem über die Stationierung der rund 8.000 UNO-Soldaten, die nach Einschätzung von UNO-Vermittler Stoltenberg zur Überwachung dieser Vereinbarung notwendig wären.

Die Unterstellung schwerer Waffen bei Sarajevo geht unterdessen nur schleppend weiter. Seit Sonntag abend weigern sich die Serben, Waffen der direkten Kontrolle der Unprofor-Soldaten zu unterstellen, und ziehen sie in der Regel lediglich unter von ihnen gehaltene Unterstände oder in das bosnisch-serbische Hauptquartier Pale im Südosten Sarajevos zurück.

Der stellvertretende Unprofor- Kommandant in Bosnien, der Brite Simon Shobalt, erklärte dies für ausreichend. Dagegen kritisierten Vertreter der Nato diesen „faulen Kompromiß“ mit den Serben und verlangten die strikte Einhaltung der im Nato-Beschluß vom letzen Mittwoch gesetzten Bedingung. Kontrolle durch Unprofor bedeute „die Unterstellung der Waffen unter Verfügungsgewalt der Unprofor“.