Hauen und Stechen auf liberal

■ Die Querelen in Sachsen-Anhalts FDP gehen weiter

Magdeburg (taz) – Noch beim Sonderparteitag der FDP von Sachsen-Anhalt im Januar in Halle hatten der Bundesvorsitzende Klaus Kinkel und der Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher die zerstrittenen Liberalen zur Einigkeit aufgerufen. Der umstrittene Landesvorsitzende Peter Kunert, der insbesondere aus Kreisen der Landtagsfraktion angegriffen wurde, konnte sich gegen seinen Gegenkandidaten, Umweltminister Wolfgang Rauls, im ersten Wahlgang durchsetzen und wurde wieder zum liberalen Oberhäuptling von Sachsen-Anhalt gemacht. Große Teile der Fraktion trieb diese Entscheidung der Basis erneut in den Schmollwinkel. Einige FDP-Abgeordnete im Magdeburger Landtag haben jetzt zum großen Schlag gegen Kunert ausgeholt. Am kommenden Samstag soll das Landesschiedsgericht der Partei über Sein oder Nichtsein des Landesvorsitzenden entscheiden.

Mehrere Abgeordnete der Landtagsfraktion werfen dem alten und neuen Chef der Liberalen Nötigung vor. Im Rahmen der Koalitionskrise habe Kunert versucht, die Parlamentarier auf Linie zu trimmen. Sie sollten sich dem Wunsch der Basis beugen, die Koalition platzen lassen und so den Weg für vorgezogene Neuwahlen freimachen. Dafür habe Kunert ihnen aussichtsreiche Listenplätze für die nächste Landtagswahl zugesichert, klagen die Abgeordneten. Denen war aber der Spatz in der Hand, sprich die Diäten der laufenden Legislaturperiode, lieber als die versprochene Taube auf dem Dach. Sie votierten für Christoph Bergner und damit für eine Forsetzung der christlich-liberalen Koalition im Landtag. Die letzten Zauderer in der liberalen Fraktion holte eine Blut-und-Tränenrede von Konrad Breitenborn ins frisch aufgeschüttelte CDU-Bettchen. Kunerts deutliche Hinweise auf die Listenaufstellung empfanden einige FDP-Abgeordnete als Nötigung unabhängiger Parlamentarier, die nur ihrem Gewissen verantwortlich seien. Und das soll jetzt das Landesschiedsgericht der Partei bestätigen. Einige der Abgeordneten wollen sogar noch weiter gehen und ein Parteiausschlußverfahren gegen den frisch wiedergewählten Landeschef der FDP beantragen. Der weiß aber nicht nur die Parteibasis im Land, sondern auch die Bundesspitze der Liberalen hinter sich. Aus der Bonner FDP-Zentrale, so klagt der Vorsitzende des Landesschiedsgerichts Eberhard Herbst gegenüber der Magdeburger Volksstimme, gebe es deutliches Drängen, die Verhandlung gegen Kunert vor dem Schiedsgericht der Landes- FDP zu verhindern. Eberhard Löblich