Paderborner Richter schützt Ausländerhasser

■ Für das Landgericht ist „Ausländer raus!“ keine Volksverhetzung / Angeklagte äußerten angeblich nur die Meinung der meisten Deutschen

Paderborn (dpa/taz) – Wer „Ausländer raus!“ brüllt, ist vom Grundgesetz geschützt. Er betreibt nicht etwa Volksverhetzung, sondern äußert nur seine Meinung. Dieser Ansicht ist ein Richter am Paderborner Landgericht. Er sprach gestern drei der rechtsextremen Szene zugerechnete Männer frei, die vor einem Übergangswohnheim im westfälischen Bad Driburg fremdenfeindliche Parolen gegrölt hatten. Die 3. Kleine Strafkammer hob damit ein Urteil des Schöffengerichts Höxter auf, das die Angeklagten wegen Volksverhetzung zu Geldstrafen bis zu 9.000 Mark verurteilt hatte.

Die drei Männer zwischen 23 und 28 Jahren waren im Oktober gemeinsam mit rund dreißig Rechtsradikalen vor das Übergangsheim gezogen und hatten Parolen wie „Ausländer raus!“ und „Wir wollen keine Asylantenheime!“ skandiert. Die Landgerichtskammer sah darin keinen Angriff auf die Menschenwürde der ausländischen Heimbewohner. Die Angeklagten hätten mit ihren Parolen eine „verbale Kurzform für das gefunden, was viele Bundesdeutsche meinen, daß nämlich zu viele Ausländer hier leben“, sagte der Vorsitzende Richter Rudolf Siepmann in seiner Urteilsbegründung. Daher habe es sich um eine „grundgesetzlich geschützte Meinungsäußerung“ gehandelt.

Leben und körperliche Unversehrtheit der Heimbewohner seien zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen. Der Aufzug vor dem Heim sei ein „ungeordneter und betrunken grölender Haufen gewesen“. Es habe sich um junge Leute gehandelt, „die nicht ernst genommen werden müssen“, sagte Siepmann und fügte hinzu: das Urteil sei „sicherlich nicht befriedigend“. Die Staatsanwaltschaft will Revision einlegen.

Das Paderborner Gericht ist nicht die erste Berufungsinstanz, die Straftaten von Fremdenhassern herunterspielt und verharmlost. Das Bayerische Oberlandesgericht sprach im Dezember letzten Jahres einen Polizeibeamten frei, der in München Pamphlete mit dem Titel: „Der Asylbetrüger in Deutschland“ vertrieben hatte. Darin hieß es unter anderem: „Herr Asylbetrüger, na wie geht's? Oh, ganz gut, bring' Deutschen Aids.“ Das sei keine Volksverhetzung, begründete das Gericht seinen Freispruch, denn: ein „unbefangener und verständiger Durchschnittsleser“ könne dies nicht als Verleumdung von Asylbewerbern empfinden.

Ein Mitglied der rechtsextremen „Republikaner“, der dasselbe Pamphlet in Köln verteilt hatte, wurde ebenfalls in zweiter Instanz freigesprochen. Begründung des Kölner Gerichts: Das Papier sei nicht strafbar, sondern nur eine „geschmacklose Übertreibung“.