Short Cuts im englischen Garten

■ Gespräch mit Alain Resnais, dem Regisseur von „Smoking“ & „No Smoking“

taz: Rauchen Sie? Oder nicht? Oder was?

Alain Resnais: Also ich rauche schon seit Jahren nicht mehr. Die Frage allerdings, ob Celia zu Beginn der beiden Filme raucht oder nicht, davon hängt der Verlauf der Geschichte ab. Raucht sie, hat sie bessere Laune, also ist sie ruhiger, als der Gärtner eintrifft. Wenn sie nicht raucht, hat sie eine miserable Laune, und der Freund des Hauses, Miles, kriegt eine Abfuhr, und so weiter.

Einiges in Ihren beiden Filmen erinnert an „Short Cuts“. Sind sie eine Art europäischer Antwort auf Altman?

Es ist ulkig, das haben mich schon mehrere Leute gefragt. Ich habe „Short Cuts“ noch nicht gesehen, aber ich werde auf jeden Fall hingehen, denn ich mag Altman sehr. Manchmal liegt eben irgendetwas in der Luft, was dann zu solchen zufälligen Übereinstimmungen führt. Als ich versuchte, meinen Produzenten von dem Projekt zu überzeugen, hatte er Bedenken. Er schlug mir vor, noch fünf, sechs Jahre zu warten, aber, dann macht jemand anders den Film! Das sieht man doch an Altman, da ist sowas im Gange!

Alle möglichen Genres gehen in „Smoking & No Smoking“ durcheinander: Melodram, Soap Opera, Kammerspiel. Gibt es nicht trotzdem – eben wie bei „Short Cuts“, so eine Art Generalbaß, diese panische Grundstimmung?

Ja, unbedingt: Panik, Hysterie, eine Art unaufhaltsames Abrollen menschlicher Existenzen, der Zufall.

Was hat sie an Ayckbourns Stücken interessiert, der Witz, das Schicksal-Spielen, die formale Strenge, die „Minimal Art“?

Er hat im Umgang mit seinen Figuren eine gewisse Vorsicht; immer werden feine Risse im Gebälk sichtbar. Zunächst geht alles seinen behäbigen, gesitteten Gang, dann ist da plötzlich eine feine Erschütterung, kaum wahrnehmbar, die sich aber zu einer Krise entwickelt. Sei es durch die Umstände, sei es durch die Protagonisten, wird eine Art Delirium herbeigeführt. Gleichzeitig, obwohl die Leute sehr ernst sind und alles sehr ernst nehmen, ist da etwas im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinnig Komisches an ihnen.

Es gibt eine Situation, die ganz typisch für Ayckbourn ist: Ein Mann will eine Glühbirne wechseln. Er stellt einen Stuhl auf den Tisch, klettert hinauf und bekommt natürlich einen Stromschlag, bleibt kleben. Seine Frau kommt aus dem Badezimmer geschossen und wirft sich auf ihn, um ihn wegzuziehen, aber natürlich trifft auch sie der Schlag, und so hängen sie dann da. Was zunächst wie eine Farce aussieht, ist insgeheim eine Tragödie, denn die Frau hatte vorher Schlaftabletten genommen und versucht, sich umzubringen.

Sind die beiden Filme so eine Art Kontrapunkt zu „Letztes Jahr in Marienbad“?

Das ist dreißig Jahre her, aber mein Geschmack hat sich, glaube ich, nicht geändert. Ich mag dieselben Filme, dieselbe Malerei und Musik, aber ich suche jetzt nach anderen Themen, oder, wie Francois Truffaut sagte: Man macht immer einen Film gegen seinen letzten Film. Diesmal war ich irgendwie vorsichtiger als früher, hatte mehr Angst, den Produzenten oder die Zuschauer zu betrügen und gleichzeitig eine große Lust, etwas Gefährliches zu machen.

In einer Beschreibung Ihres Films ist von „interaktivem Kino“ die Rede, halten Sie das für zukunftsweisend?

Nein! Im Allgemeinen haben Filme ja eine lineare Erzählform; wenn alle solche Filme machen wollten wie ich, dann wäre das der Tod des Kinos!

Das Gespräch führten Manfred Riepe und Mariam Niroumand