Serben entrüsten sich nur zögerlich

■ Schwere Waffen um Sarajevo werden schleppend übergeben / Neuer Teilungsplan auf dem Tisch

Genf (taz) – Fünf Tage vor Ablauf des Nato-Ultimatums zur Sicherung Sarajevos eskaliert der Streit zwischen UNO und Nato über den Rückzug serbischer Waffen. Offensichtlich aufgrund dieser Differenzen erklärte der britische Unprofor- Kommandant in Bosnien, Rose, die Zahl der bislang abgegebenen schweren Waffen zur Geheimsache. Wie mittlerweile bekannt wurde, gibt es über den Text des Nato-Ultimatums hinaus geheime Zusatzvereinbarungen, die die Möglichkeit des Bombardements von Zielen in ganz Bosnien sowie in Serbien vorsehen. Bei einem Treffen mit dem britischen Premier Major in Moskau warnte der russische Präsident Jelzin vor „schweren Belastungen“ der Partnerschaft mit den USA, sollte es zu Luftangriffen kommen. Die Bosnien-Beauftragten der USA und Rußlands, Redman und Tschurkin, unterbreiteten unterdessen den Regierungen in Sarajevo und Zagreb neue Modelle für eine politische Lösung in Bosnien.

Gemäß der Nato-Interpretation von „Kontrolle“, wonach die Unprofor-Soldaten die „physische Verfügungsgewalt“ über die schweren Waffen ausüben sollen, hatten die Serben bis gestern lediglich fünf schwere Waffen beim Unprofor-Kommando am Flughafen Sarajevo abgeliefert, die bosnische Regierungsarmee zehn. Weitere 28 schwere Waffen verlagerten die bosnischen Serben lediglich in nahegelegene Unterstände oder in ihr Hauptquartier Pale, 13 Kilometer südöstlich vom Zentrum Sarajevos. Unprofor-Kommandeur Rose sieht damit den Nato-Beschluß dennoch erfüllt, weil seine Soldaten die Unterstände überwachten.

Die geheimen Zusatzvereinbarungen zum Nato-Ratsbeschluß vom 9. Februar sehen im Fall von Gegenwehr gegen Luftangriffe, Geiselnahme von UN-Truppen, oder der militärischen Eskalation an anderen Orten Bombardements militärischer Ziele in ganz Bosnien sowie (im Falle der Unterstützung der bosnischen Serben durch Belgrad) auch in Serbien vor. Zum Teil setzte der Nato-Rat damit ohnehin geltende Richtlinien für die „Selbstverteidigung“ von Nato-Soldaten im Kriegsfall in Kraft, zum Teil wurden eigens auf das bosnische Szenario zugeschnittene Vereinbarungen getroffen.

Die Bosnien-Beauftragten Washingtons und Moskaus erörterten mit den Regierungen in Sarajevo und Zagreb zwei neue Modelle für eine politische Lösung des Bosnien-Konflikts: Fall eins sieht unter der Voraussetzung einer Wiederherstellung der kroatisch-muslimischen Allianz die weitere Existenz Bosnien-Herzegowinas auf etwa zwei Drittel seiner derzeitigen Staatsfläche vor. Den Serben würde etwa ein Drittel des bosnischen Territoriums im Osten überlassen, das sie dann an Serbien anschließen könnten.

Sollte dieses Modell am kroatischen Widerstand scheitern, ist die US-Regierung bereit, der Teilung Bosniens in drei Teilstaaten zuzustimmen. Allerdings nur unter der Bedingung, daß der dann entstehende bosnisch-muslimische Staat zwischen 39 und 40 Prozent des Territoriums erhält. Die Europäische Union würde – so die Absprachen mit Washington in den letzten Wochen – jedem dieser Modelle zustimmen. azu Seite 8