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■ Zu den Strafen der EU gegen die StahlkonzerneDie Stärke der Strukturschwachen

Woran erkennt man in der Europäischen Union ein strukturschwaches Gebiet? Am Stahlwerk. Diesem geht es, abgesehen von einer kurzen Boomphase, seit Jahrzehnten schlecht. Aber wenn es schließen würde, hätte die ganze Umgebung unbezahlt arbeitsfrei, weshalb regionale Politiker jeder Couleur unbegrenzt zu Subventionen bereit sind. Damit das so bleibt, haben es Europas Stahl„barone“ in den vergangenen dreißig Jahren hervorragend verstanden, die Ansiedlung anderer Wirtschaftszweige in der Nachbarschaft zu verhindern, denn erst die Strukturschwäche macht sie stark; so stark, daß sie bei Bedarf den Markt untereinander aufteilen und die Preise absprechen können – ohne dieses groß verheimlichen zu müssen.

Daß die Europäische Kommission die Untersuchung des altbekannten Kartell-Verdachts im Bereich der Stahlträger für den Bau gerade jetzt abschließt und die Konzerne möglichst hart abstraft, ist keinesfalls ein Zufall – gegen die Papier- und die Chemiebranche wurden schließlich sofort Strafen verhängt –, sondern ein Signal: Es reicht!

Seit mit der Rezession die Stahlkrise zurückkehrte, basteln Brüssels Beamte an Krisenplänen: Die Stahlbranche soll europaweit auf eine überlebensfähige Größe schrumpfen, ohne daß sich die nationalen Industrien, gepäppelt durch immer höhere Subventionen, gegenseitig plattmachen. Mit ihren Plänen will die Kommission, durchaus gut gemeint, verhindern, daß für den Stahl länderweise Quoten festgelegt werden müssen, über deren Einhaltung wiederum Bürokraten zu wachen hätten. Kernstücke des Krisenplans sind der Abbau von Hochöfen und Fertigungsstraßen (wobei die Sozialpläne aus Brüssel bezahlt werden) – und eine Vereinbarung, daß nirgendwo in der Zwölfergemeinschaft mit staatlichen Subventionen neue Stahlkapazitäten errichtet werden.

Diese Vereinbarung haben die Deutschen mit Eko-Stahl und dem Bremer Hüttenkonzept durchbrochen. Und wenn die sich nicht dran halten müssen, heißt es seither aus Italien und Spanien, dann wollen wir auch unsere Stahlwerke mit Subventionen modernisieren dürfen.

Die Strafen gegen die unwilligen Stahl„barone“ können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Europäische Kommission nicht die Macht hat, den Kapazitätsabbau notfalls gegen deren Willen durchzusetzen. Das einzig wirksame Druckmittel wäre wohl die Drohung, den heute abgeschotteten Stahlmarkt für die billigeren Importe aus Osteuropa zu öffnen. Das aber würde der Ministerrat nie und nimmer zulassen. Denn welche westeuropäische Regierung – Marktwirtschaft hin oder her – könnte sich einen Aufstand in einem strukturschwachen Gebiet tatsächlich leisten? Donata Riedel

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