Paul Feyerabend als Geist zurück? Ja! Bitte!! Sofort!!!

■ Der Wissenschaftstheoretiker starb in Wien

1970 zog ihn ein Freund beiseite: „Paul, du hast doch so komische Ideen. Warum schreibst du sie nicht nieder, ich schreibe eine Antwort, wir publizieren die Sache und haben einen Heidenspaß.“ Pauls Manuskript verschwand auf ungeklärte Weise und wurde von Interpol wieder aufgespürt; der Freund starb, und schließlich wurde das Buch nur eines Autors daraus: „Wider den Methodenzwang“ („Against Method“) von Paul Feyerabend. Die Einleitung ziert Brecht: „Ordnung ist eine Mangelerscheinung.“ Das Buch richtete erstaunliche Unordnung an, die seinem Autor gefiel – in der Welt der Wissenschaften und darüber hinaus. Der Wissenschaftstheoretiker Feyerabend war eine Ausnahme auch in seinem Verhältnis zu Ordnung und Genauigkeit: sein immenses Wissen über die Geschichte desselben und die Pedanterie seiner Methodenanalysen führten ihn nicht zur Errichtung eines neuen, vermeintlich sicheren, sterilen Systems – sondern ins Reich der „anarchistischen“ Erkenntnis, wo zweierlei erlaubt ist: einerseits den Fortschritt der Wissenschaften auf einer heiteren Dialektik zu begründen, nach der Konsistenz- und Reinheitsgebote ad hoc verabschiedet werden dürfen – und andererseits die Wissenschaft selbst als „eine von vielen Lebensformen“ zu betrachten, und als „nicht unbedingt die beste. Sie ist laut, frech, teuer und fällt auf.“ Der lange in den USA Lehrende hat dort maßgeblich dafür gesorgt, daß die Macht des staatlichen Wissens – das die Sozialisierung von Minderheiten ebenso einschließt wie die Bornierung der Naturwissenschaften gegen alternative Methoden beispielsweise in Medizin – vital von denen gestört wurde, die ihn verstanden. Vermutlich hat man ihn deshalb als „Anarchisten“ rezipiert: so verharmlost man, was nicht zu widerlegen ist. Feyerabend starb vor einigen Tagen in Wien. Jedoch: „Es ist eben nichts sicher auf dieser Welt als der Tod“, sagte er noch 1993, „und nicht einmal der ist sicher, denn wer weiß, ob ich nicht als Gespenst zurückkomme.“ ES Seite 11